Überlegungen zum christlichen Fundamentalismus (1)

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Teil I

Stellen Sie sich vor Sie leben in einer Gesellschaft, in der es Parteien, Organisationen und Einzelpersonen gibt, die Sie unablässig kontrollieren, überwachen und bestrafen wollen, wenn Sie sich nicht so verhalten, wie es erwünscht ist.

Die Voraussetzungen dazu wurden bereits geschaffen und sind gesetzlich verankert. Nur leider hat es viel zu wenige interessiert.

Stellen Sie sich zusätzlich vor Sie leben in einer Gesellschaft, in der es Organisationen, Gemeinden und Einzelpersonen gibt, die Ihnen auch noch vorschreiben wollen was Sie zu glauben haben und die Ihnen die Vorschriften aufstülpen wollen, obwohl Sie gar nicht gläubig sind.

Stellen Sie sich vor diese Ereiferer, christlichen Fundamentalist*innen, darunter auch Evangelikale, unternehmen jeden Moment des Tages den Versuch sich in der Mitte der Gesellschaft, also in ihrem Kern, noch weiter auszubreiten.

Stellen Sie sich vor diese Organisationen, Gemeinden und Einzelpersonen, die sehr gut vernetzt sind und wo an monetären Mitteln kein Mangel besteht, wollen Ihnen nicht nur alles vorschreiben, sondern auch abnehmen.

Sie wollen Ihnen Ihr Geschlecht abnehmen, denn so wie sie die Welt sehen, darf es nur zwei Geschlechter geben. Männer und Frauen.

Nonbinäre oder trans Menschen werden nicht nur abgelehnt, sondern auch, das ist der nächste Schritt, angefeindet, ausgegrenzt und letzten Endes fertig gemacht oder zerstört, weil über diesen Teil der Bevölkerung in der Bibel, die mindestens 2000 Jahre alt ist, nichts berichtet wird.

Sie wollen Ihnen aber auch Ihre Liebe und Ihre Sexualität abnehmen, indem sie festlegen wollen wen Sie zu lieben haben und wen nicht, mit wem Sie ihre Sexualität teilen und mit wem nicht und unter welchen Umständen.

LGBTQs werden angefeindet, ausgegrenzt und unter Druck gesetzt und letzten Endes fertig gemacht oder zerstört, weil in der Bibel Homosexualität z.B. abgelehnt wird.

Sexualität soll es nur zwischen Männern und Frauen geben, ob diese allerdings frei und selbstbestimmt ist, bleibt dahingestellt.

Denn Christliche Fundis lehnen vorehelichen Sex ab, manche gehen dabei so weit Sexualität nur zu akzeptieren, wenn diese der Fortpflanzung dient.

Verhütungsmittel werden abgelehnt und jeder Uterus im ganzen Land, ach was in der ganzen Welt, denn christliche Fundis sind immer auch missionarisch unterwegs, public domain erklärt. Dieser wird Ihnen dann komplett ab- bzw. weggenommen.

Jetzt gibt es nur noch zwei Geschlechter, mit dem aktiven Mann und der passiven Frau, der Zuchtsau, und das reaktionäre und überholte Rollenverständnis.

Karrikatur aus dem Sonderheft 40 Jahre idea Spektrum. Ein Mann mit geöffneten Augen steigt auf eine Leiter und hält dem Bundesadler, dessen Krallen wie zum Gebet miteinander verschränkt sind, die Bibel vor. Weiter unten sitzt eine Frau mit gekrümmten Rücken, geschlossenen Augen auf einem Schemel. Ihre Hände sind wie zum Gebet gefaltet.

[1]

FLINTA* sind auch weg vom Fenster und gegenderte Sprache gleich mit und das mit der Demokratie wird dann auch bald erledigt sein.

Denn „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ schrieb Ulrich Parzany und der Schriftsteller Martin Mosebach erklärte „Die Bibel steht über der Verfassung“.

Es gibt also Organisationen, Einzelpersonen und Netzwerke, die einen Gottesstaat, eine Theokratie, anstreben, wie z.B. Opus Dei, das Lindenthal-Institut, die Rhein-Donau-Stiftung, die Limmat-Stiftung, [2]

Screenshot, der die Angaben im Text bestätigt.

oder die Initiative Pontifex, die die „Durchdringung aller Lebensbereiche und Lebenssituationen mit dem Evangelium“ plant [3] oder der Priesterbruderschaft St. Pius X. und das nahestehende Civitas-Institut, das sich die „Rechristianisierung des Gemeinwesens“ zum Ziel gesetzt hat.

Bei diesen Beispielen will ich es belassen.

Stellen Sie sich vor, all das geschieht direkt vor Ihrer Nase, ganz öffentlich und ungeniert und diese christlich fundamentalen Organisationen/Einzelpersonen verbinden sich mit der Politik, auf kommunaler Ebene, in Kreis- und Landtagen, im Bundestag nd zum Beispiel mit den Medien, mit der Polizei, der Feuerwehr, dem Gesundheitswesen, Behörden, sozialen Einrichtungen … .

Ja, christlicher Fundamentalismus ist in Teilen der Gesellschaft angekommen, die sich nicht dafür zu interessieren scheint. Was der eigentliche Skandal an der ganzen Angelegenheit ist.

Denn es sollte doch allen bewusst sein, dass die Geschichte der Missionierung immer auch eine Geschichte von Gewalt, Zwangsassimilierung ist und nicht zuletzt auch zur Ausrottung von indigenen Bevölkerungsgruppen führte. [4]

Aktuell gibt es z.B. die Deutsche *ndianer Pioneer Mission (DIPM), die zum Netzwerk der Evangelischen Allianz in Deutschland (EAD) gehört. Die DIPM ist nicht nur in Deutschland vertreten, sondern auch in Südamerika, konkret in Brasilien und Paraguay. In diesen Ländern finden Evangelisationsveranstaltungen statt, Schulungen sowie Kinder- und Jugendarbeit. [5]

Der Screenshot stammt vom DIPM und enthält Angaben zur Geschichte der Organisation, deren Schwerpunkt die „Missionsarbeit war zu Beginn im Süden von Brasilien und in Praguay. Inzwischen arbeiten wir aber auch in Nordbrasilien. Außerdem sind wir in Deutschland missionarisch tätig.“

Dass christliche Missionierung immer auch einherging mit Kolonialismus und die Bevölkerung nie als Menschen mit eigenen Göttern und einer eigenen Kultur gesehen wurden, sondern stets nur als Empfänger*innen von Missions- und Zivilisationsbemühungen, sollte in diesem Zusammenhang noch einmal erwähnt werden. [6]

Teil II