Teil 1 – Anmerkungen zur Glaubensbasis von EAD und Pfingstgemeinden

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Zum Thema Glaubensbasis der evangelikalen Evangelischen Allianz in Deutschland, kurz EAD, gibt es im Blog schon eine Reihe von Einträgen und kritischen Auseinandersetzungen, sogar eine zehnteilige Reihe beginnend mit Teil 1

Aus aktuellem Anlass scheint es mir sinnvoll, noch einmal darüber zu sprechen.

Das hier ist die gemeinsame Basis des Glaubens, die am 2.9.1846 formuliert und in 2018 überarbeitet wurde. [1]

Da der Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden KdöR (BFP) zum Netzwerk der EAD gehört, verfolgen sie „in ihrer Satzung oder in ihren Grundsätzen eine ähnliche Zielsetzung in theologischer, evangelistischer, missionarischer oder diakonischer Hinsicht.“ [2]

Für den Skandal über den ich in Kürze berichten werde, ist es wichtig, die Glaubensbasis zu verstehen und die Fallstricke erkennen zu können, die diese Basis ihres Glaubens enthält. Denn die Tragweite ist folgenreich für Teile der Bevölkerung.

Folgender Satz ist höchst kritisch „Der Mensch besitzt als Ebenbild Gottes eine unverwechselbare Würde. Er ist als Mann und Frau geschaffen. (…)

Und zwar weil die Lesart und die Auslegung bei Evangelikalen und Pfingstkirchler*innen sehr streng bibeltreu  und die höchste Autorität in allen Fragen das Glaubens und der Lebensführung ist. Gemeint ist nämlich folgendes:

Es gibt nur Männer und Frauen, keine anderen Geschlechter. Punkt. Die Biologie gibt das Geschlecht vor und das ist unveränderbar. Punkt.

In dieser Hinsicht stimmen EAD und BFP, also Pfingstkirchler*innen, überein. Das hat Folgen für trans Kids und trans Personen. Denn der Druck gottgefällig zu leben und leben zu müssen ist in evangelikalen Gemeinden und Familien immens.

Das berichten so gut wie alle Aussteiger*innen, die nach ihrem Ausstieg noch in der Lage sind über ihre traumatischen und schrecklichen Erfahrungen sprechen zu können.

In vielen Gemeinden ist es üblich sich gegenseitig zu beobachten oder sogar zu bespitzeln. In einer Brüdergemeinde hat, so wurde mir berichtet, der christlich fromme Chef die Taschen von Jacken und Mänteln der Mitarbeiter*innen regelmäßig kontrolliert, sobald die Mitarbeiter*innen das Büro verlassen hatten.

Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Dieses Kontroll- und Unterwerfungsverhalten gegenüber anderen wird aus dem Bedürfnis gespeist Gott gefällig zu leben und gleichzeitig zu missionieren.

Das bedeutet auch andere zu kontrollieren oder zu unterdrücken, um damit sicher zu stellen, dass auch sie streng bibeltreu leben und um das Gefühl zu haben ausreichend missioniert zu haben.

Die Bibel ist höchste Autorität in allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung, besagt die Glaubensbasis. Das BFP-Präsidium schrieb über Homosexualität folgendes: „Das Verständnis von Homosexualität als einer Schöpfungsvariante ist der Bibel fremd. Sie kennt auch keine homosexuelle Identität, sondern nur homosexuelles Verhalten, das ausnahmslos als sündhaft und nicht im Einklang mit einer gottgefälligen Lebensordnung gesehen wird. Vielmehr verortet die Bibel die sexuelle Identität des Menschen als Mann und Frau bzw. männlich und weiblich.“

Und: „Eine Legitimierung homosexueller Handlungen oder gar eine Segnung homosexueller Beziehungen kommt indes nicht infrage. Hierin wissen wir uns eins mit der Mehrheit der weltweiten Christenheit.“

Das hat Folgen für queere Kids, Jugendliche und Erwachsene. Da der Druck in Gemeinden und Familien hoch ist Gott durch die Lebensweise zu gefallen, dürfte so manche queere Person/Kid/Jugendliche*r Probleme mit der eigenen Sexualität entwickeln und darunter leiden.

Auf das Verbot von Konversionsbehandlungen reagierte die EAD, die noch 2019 für das Recht auf „Homo-Heilung“ gekämpft hat, 2020 mit einer Handreichung was jetzt noch möglich sei. Gefunden hatte sie das Schlupfloch „Eine allgemein-stützende Seelsorge im Rahmen von Ermutigung, gemeinsamem Gebet und Stärkung des Vertrauens in Gott ist immer möglich.“

Und weiter: „Stellt dagegen ein junger Mensch bei sich grundsätzliche Konflikte im Zusammenhang mit seiner Sexualität fest, sollte ihm ein Beratungsweg eröffnet werden, der allgemeinen Gütekriterien einer ergebnisoffenen Seelsorge, psychologischen Beratung oder Psychotherapie entspricht.“ Nachzulesen hier

2008 veröffentlichte die EAD folgendes: „Weiterhin müsse es auch erlaubt sein, in Zusammenhang von praktizierter Homosexualität von Sünde zu reden, ohne direkt mit Begriffen wie „Fundamentalismus“ oder „Homosexuellenfeindlichkeit“ belegt zu werden.[3]

Gesagt hat das der Pressesprecher des Christival, eines Werks, das aus der EAD entstammt.

Die EAD hat darum nicht innerhalb von nur einem Jahr eine 180Grad-Drehung vollzogen. Wenn sie jetzt freundlich klingt, ist das nur aufgesetzt. Denn da die Bibel noch immer die höchste Autorität ist, ist sie immer noch Homosexuellen-/Queerfeindlich.

Es ist sogar davon auszugehen, dass sie Formen von Konversionsbehandlungen immer noch praktizieren, nur unauffälliger und diskreter. Vielleicht unter dem Deckmantel einer Psychotherapie, vielleicht getarnt als vermeintlich ergebnisoffene Seelsorge.

Die Webseite Sekten- und Weltanschauungsfragen der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) hat bei Teilen der evangelischen Freikirchen aufgrund ihres exklusiven Anspruchs oder ihrer autoritären Struktur eine deutliche Tendenz zur Versektung festgestellt. [4]

Was Evangelikale nun im Allgemeinen betrifft so schreibt die EkvW: „Bei allen notwendigen Differenzierungen, die zwischen Pfingstlern, Charismatikern, Evangelikalen und christlichen Bibel-Fundamentalisten gemacht werden müssen, verbindet sie die Haltung des Protestes gegen ein geheimnisleeres säkulares Wirklichkeitsverständnis und die Kritik am Weltverständnis der Aufklärung.“ [5]

Bevor ich die skandalträchtige Geschichte erzähle, möchte ich zunächst auf den Sektenbegriff näher eingehen und dazu greife ich auf die Webseite der Evangelische Kirche von Westfalen (EKvW) züruck und den Text: „Was ist eine Sekte?[6]

Eine Sekte bezeichnet laut EKvW eine „konfliktträchtige Gruppe“ mit folgenden 7 Merkmalen:

„Sekte“ bezeichnet also eine konfliktträchtige Gruppe. Folgende Merkmale können auf eine solche Gruppe hinweisen: • absoluter Wahrheits- und Erlösungsanspruch, verbunden mit Schwarz-Weiß-Denken, • betonte Gemeinschaft nach innen und Abwehr oder gar ein Verbot von Außenkontakten, • Aufbau radikaler Gegenwelten, Bedrohungsszenarien und Endzeiterwartungen, • Personenkult um die Leiter*innen, die über jede Kritik erhaben sind, • Kontrolle vieler oder aller Lebensbereiche, • Verbreitung von passenden Verschwörungstheorien, • vollständige finanzielle, berufliche, familiäre usw. Abhängigkeit der Mitglieder von der Gemeinschaft und ihrer Leitung, so dass ein normales gesellschaftliches Leben nicht mehr möglich ist.

Die Organisation von Evangelikalen oder christlichen Fundamentalist*innen, die im Mittelpunkt meiner skandalträchtigen Geschichte steht, erfüllt mindestens 5 Kriterien davon, mindestens. Fortsetzung folgt!!!!

Teil 2