Dokumentieren gegen Rechts

Verbindungen und Vernetzungen

Thread zum Thema Polizei (2)

Teil 1

Teil 2

Datum: 26.06.2020

1) Ein zweigeteilter Thread zum Thema Polizei.
Teil 1

2) Fortsetzung Teil 2:
Es gibt den Polizeiapparat mit dementsprechenden Polizeigesetzen, seine Interessenvertretungen und ein Netzwerk zur Imageverbesserung und zum support. Und dieses Netzwerk ist nicht klein.

3) Die Vernetzungen und Kooperationen geschehen bundesweit und permanent. Gleichzeitig haben die Interessenvertretungen der Polizei viel zu viel Einfluss und Macht und erhalten dementsprechend viel zu viel Gehör.

4) Wie z.B. Jörg Radek (stellvertr. Bundesvorsitzender der Gesellschaft der Polizei (GdP)) im MoMa, wo er für eine starke Polizei werben konnte. Eine starke Polizei, die den Rechtsstaat sichtbar mache, so Radek. [1]

5) Nur wenige Tage später ließ der Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in einer Presseerklärung vom 25.06.2020 zum Thema „All Cops Are Berufsunfähig“ oder verkürzt ACAB wissen „Die gesamte Bundesregierung steht hinter der Polizei!“

[2]

6) Sigmar Gabriel (SPD) steht ebenfalls hinter der Polizei. Er möchte sich sogar einen Button anheften mit dem Aufdruck Wir sind Polizei“.

[3]

7) Auch in der Mehrheitsgesellschaft oder der Mitte dieser Gesellschaft ist die Unterstützung für die Polizei groß, selbst bei Linken wird im Zweifelsfall lieber der Schulterschluss mit der Polizei vollzogen.

8) Die Bewunderung für die Polizei und die geradezu unterwürfige Haltung zur Exekutive, der Polizei, hat sicherlich vielfältige Ursachen, denen ich im Rahmen dieses zweigeteilten Threads nicht einmal annähernd gerecht werden könnte.

9) Deshalb versuche ich es auch gar nicht erst,

10) sondern möchte mich losgelöst von Netzwerken und Unterstützer:innen dem Thema Polizei aus unterschiedlichen Blickwinkeln nähern, um zum Nachdenken anzuregen und im günstigen Fall zu einer Meinungsänderung beizutragen.

11) Beginnen möchte ich mit einer Spiegelumfrage.

12) 1) Polizeigewalt halten demnach nur die Wenigsten der Befragten für ein Problem in der deutschen Gesellschaft.

[4]

13) 2) 51% halten Rassismus bei der Polizei für kein bis eher kein Problem. 12% der Befragten waren unentschieden. Nur 16 % antworteten mit Ja, auf jeden Fall und 22% mit eher Ja. Es stehen also 38% mit Ja oder eher ja satten 51% gegenüber.

[5]

14) 3) Das Vertrauen in die Polizei ist zwar geringfügig gesunken, aber immerhin ist bei 63% der Befragten das Vertrauen noch groß.

[6]

15) Das Bild von der Polizei kann beeinflusst werden durch Umfragen, wird aber auch geprägt durch Medien, durch Dokusoaps zum Beispiel. SAT1 zum Beispiel sendet 4x täglich die Dokusoaps „Auf Streife“ und „Auf Streife – Die Spezialisten“.

16) Mittlerweile gibt es schon die 4. Staffel mit den „Helden in Blau“, wie sie in der Ankündigung genannt werden und [7]

17) Reportagen. Am 24.06.2020 z.B. bei SAT1 „Bitte folgen! – Fahnder im Einsatz!“ und „Tatort Autobahn“, eine Reportage oder Doku über sog. Schleierfahnder auf der A8.

18) Im Programm von RTL gibt es „Der Blaulicht Report“ über die Arbeit verschiedener Berufsgruppen wie Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst [8] , bei VOX „Schneller als die Polizei erlaubt[9] und Kabel1 sendet „Achtung Kontrolle“. [10]

19) Wer kennt sie nicht die Krimis als Bücher, als Filme, als Serien? Wer kennt nicht Inspector Clouseau oder Louis de Funès als der Gendarm von Saint Tropez?

20) Neueren Datums mit mittlerweile 7 Staffeln ist Commandant Candice Renoir, Teamleiterin bei der Mordkommission Sète und Mutter von 4 Kindern, die Beruf und Kindererziehung irgendwie wuppt und dabei noch ein Liebesleben hat.

21) Oder wie wäre es mit Colombo, dem unkonventionellen Inspektor, der im zerknautschten Trenchcout selbst die schwierigsten Fälle löst und mit Respekt die Mörder:innen Dingfest macht.

22) Adrian Monk. Ein genialer Ermittler, der als freier Berater für die Polizei San Francisco tätig ist, unter Zwangsstörungen und zahlreichen Phobien leidet und mehrmals wöchentlich einen Therapeuten aufsuchen muss, der aber doch jeden Fall löst und sei er noch so knifflig.

23) Oder wie wäre Death in Paradise mit mittlerweile 7 Staffeln in karibischen Gefilden, gedreht auf der Karibikinsel Basse-Terre.

24) Egal welcher Ermittler/Detective tätig war, jeder Fall wurde gelöst und das ohne Waffen und selten mit Gewalt, stattdessen nur mit dem Intellekt der Ermittler.

25) Auf was ich hinauswill ist folgendes. Keine dieser Polizist:innen, Commandantes, Detectives, Chiefinspectors, Polizeieinheiten … entsprechen der Realität. Sie werden als lustig oder sympathisch und menschlich dargestellt,

26) die auch wenn es ihnen schlecht geht und sie eigene Probleme plagen, stets auf der Seite der Guten stehen.

27) Mit ihnen kann sich d. Zuschauer:in oder d. Leser:in identifizieren und natürlich sollen Krimis und Verbrechensaufklärung unterhalten. Was sie auch tun.
ABER …

28) Damit haben sie eine wesentliche Gemeinsamkeit mit regelmäßig stattfindenden Polizeievents, wie z.B. den Polizeischauen.

29) In Klein-Krotzenburg zum Beispiel sollen 8.000 Besucher:innen begeistert gewesen sein. Selbst für die Kleinsten war gesorgt. Für sie gab es eine Hüpfburg und darüberhinaus viele Attraktionen für alt und jung.

[11]

30) 10.000 Besucher:innen sollen bei der letzten Wetzlarer Polizeischau 2019 gewesen sein, die im Abstand von 2 Jahren von Pro Polizei Wetzlar organisiert wird.

31) Es gab Essen, es gab Getränke und ein üppiges Rahmenprogramm mit Vorführungen der Hundestaffel und des SEK und vielem mehr. Da war vielleicht was los. Die gesamte Familie wurde unterhalten.

[12]

32) Selbst der hessische Innenminister Peter Beuth soll sich die Zeit genommen haben, um mit allen Aussteller:innen ins Gespräch zu kommen.

[13]

33) Ich stelle mir vor, wie die Techniken des SEK, sonst eingesetzt bei gewaltsamen Abschiebungen, zum Move verkommen und die Vorführung zur Performance.

34) Und bei so viel Volksfeststimmung, den Dokus, den Krimis und dem Bekenntnis zur Polizei wird das Bild von der Polizei auf der Seite der Guten, von der Polizei als Freund und Helfer, die darüberhinaus auch sehr kompetent ist und die das Sicherheitsbedürfnis

35) so manche:r Zeitgenoss:in stärkt, unter Einsatz von Sport, Spiel Spannung und Unterhaltung permanent produziert/reproduziert.

36) Dabei wäre es ganz besonders aus einer linken und emanzipatorischen Perspektive in Anbetracht von so viel Macht und Gewalt, also dem Polizeiapparat mit Interessenvertretungen und dementsprechender Lobby plus Unterstützer:innen, geboten der Polizei, den Cops, den Bullen

37) jederzeit MINDESTENS eine kritische Haltung entgegenzubringen.

38) Besser noch wäre die ablehnende Haltung, denn nur diese scheint mir den Blick von Außen zu gewährleisten, den hinterfragenden Blick im Hinblick auf Rassismus, Polizeigewalt und mangelnden Aufklärungswillen.

39) Beispielhaft wären hier die Ermittlungen zum NSU, nach Halle oder Hanau … aufzuführen.

40) Zumal zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht einmal unabhängige Kontrollinstanzen für die exekutive Gewalt, der ausführenden Gewalt, der Gewalt mit den Waffen existieren.

41) So dass der Ruf nach mehr Polizei, zum Beispiel nach den Ereignissen in Stuttgart, immer auch ein Ruf nach mehr Gewalt bedeutet und damit auch nach mehr unkontrollierter rassistischer Gewalt. Nach mehr Staatsgewalt und damit nach noch mehr Polizeigewalt.

42) Ein Blick aus der Distanz ist dringend nötig, auch um die Systemimmanenz der Polizei, der Cops, der Bullen erkennen zu können, der dringend eine Gegenstimme entgegen schallen muss,

43) sozusagen als Anfang, um das Selbstbewusstsein der Polizei, der Cops, der Bullen wieder auf ein angemessenes Maß zurechtzustutzen.

44) Das wäre sozusagen die Mindestforderung.

45) Da Teil 2 schon so weit fortgeschritten ist, beende ich diesen mit dem Ideal #AbolishThePolice

46) und erinnere noch einmal an rassistische Polizeigewalt, an racial profiling und stellvertretend für die zahlreichen Toten in Polizeigewahrsam an Oury Jalloh, erinnere an Hannibal, an Uniter und Nordkreuz

47) und die mittlerweile ganz „normale“ Polizeigewalt auf antifaschistischen und linken Demonstrationen und gegen Menschen in psychischen Ausnahmesituationen.

Zum Abschluss noch ein Anhang mit Foto:

Zum Thema Police Abolition Movement

Zur Frage Was darf Polizeikritik?

Zur Frage Was passiert dann mit all den Menschen, die heute bei der Polizei sind, falls die Polizei abgeschafft wird (All cops are berufsunfähig)

Nachträgliche Ergänzung:

Zur Frage Warum sich die Polizei nicht ändern wird

Zum Thema Tödliche Solidarität
(„US-Polizeigewerkschaften entstanden aus der Opposition zur Bürgerrechtsbewegung – ihre Existenz begünstigt nachweislich Polizeigewalt“)