Stichwort: Christianophobie

Die Christliche Rechte in Deutschland, Europa und in den USA ist ein Sammelbecken von Rechten, Evangelikalen, Pfingstgemeinden, charismatischen, konservativen christlichen Fundamentalist*innen und orthodoxen Christ*innen.

Die christliche Rechte behauptet in Europa und in Deutschland stünde die Religionsfreiheit von Christ*innen auf dem Spiel. Immer häufiger würden Christ*innen angefeindet, ins Abseits gestellt und sie dürften nicht mehr die Wahrheit verkünden. [1]

Das neue Gesetz, das Gehsteigbelästigung von ungewollt Schwangeren vor Praxen und Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, zur Ordnungswidrigkeit erklärt, wurde dementsprechend eingeordnet und kommentiert.

Cornelia Kaminiski, Bundesvorsitzende von ALfA (Aktion Lebensrecht für Alle), sah darin eine Stigmatisierung und Kriminalisierung von Christen. [2]

Sie beschwerte sich, die Regierung sei „großzügiger bei Antisemitismus, Demonstrationen für ein Kalifat und im Umgang mit Klimaaktivisten. Die Ampelkoalition setze alles daran sie, also Christ*innen, zum Schweigen zu bringen. [3]

„Anders geht man mit Christen um: Sie werden durch die Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes stigmatisiert und kriminalisiert.“ Wer so vorgehe, offenbare jedoch nicht nur ein mangelndes Demokratieverständnis. Er zeige auch, worum es wirklich gehe: „Um den Entzug der Grundrechte für diejenigen, die nicht die Meinung der Regierenden vertreten. Wäre diese Meinung so grundfalsch, müsste man sie nicht bekämpfen. Lügen haben kurze Beine, die Wahrheit kommt irgendwann ans Licht. Das weiß auch die Ampelkoalition – und setzt daher alles daran, sie zum Schweigen zu bringen.“

Im November 2022 berichtete die Initiative Christenschutz, hinter der die Zivile Allianz e.V. und damit Sven von Storch steckt, [4] von einem „wachsenden Christenhaß: Anschläge auf Kirchen mehren sich rasant“. [5]

Die Aufklärungsquote sei erschreckend gering proportional zum Interesse von Staat und Behörden am Thema Christenverfolgung. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Welle der Gewalt ihr Ziel wechselt: von Kirchen zu Menschen.“ Ist dort zu lesen.

Der Text triefte von Rassismus und Hetze. Das Thema „Christenfeindlichkeit“ in Kombination mit antimuslischem Rassismus findet mensch in von Storch’s Blog überall.

Im März 2021 veröffentlichte die „Initiative“ von Sven von Storch ein Interview mit Pater Francesco Giordano. Das Interview trug die Überschrift: „Pater Francesco Giordano im Interview: „Gläubige müssen für ihre Freiheit kämpfen“. [6]

Im darauffolgenden Monat wurde „Diskriminierung gegen Christen stoppen“ veröffentlicht. [7]

Diskriminierung gegen Christen stoppen An die Bundesregierung In allen Bereichen des öffentlichen Lebens werden Christen und christliche Wertauffassungen diskriminiert und aus dem Diskurs gedrängt: in der Kunst und Kultur, in der Bildung, im Beruf, selbst in der Politik. Ich fordere Sie auf, der Benachteiligung christlicher Bürger entschieden entgegenzutreten. Das freie Bekenntnis des christlichen Glaubens muss möglich sein, ohne Stigmatisierung oder Angriffe befürchten zu müssen. Ich bitte Sie, sich öffentlich in aller Klarheit von der diskriminierenden Behandlung der Christen in Deutschland zu distanzieren.

2018 schrieb Radio Horeb über „Christenhass in Deutschland“. [8] Im selben Jahr veröffentlichte auch Domradio einen Artikel über „Gezielte Übergriffe auf Christen in Deutschland“. Für den CDU-Politiker Heribert Hirte sei dies ein erschreckendes Bild. [9]

Heribert Hirte ist in der Vergangenheit schon aufgefallen, weil er z.B. für das Bildungszentrum Feldmark, eine Einrichtung, die dem Opus Dei nahesteht, einen Vortrag gehalten hat. Das war 2014 und zu dieser Zeit beschäftigte ihn die Situation der Christen im nahen Osten. [10]

Anna Diouf schrieb in Tichys Einblick im Dezember 2023 über „Christianophobie“. [11]

Dabei ist das Narrativ der vermeintlichen „Christianophobie“ nicht neu. Bereits 2008 veröffentlichte die Webseite des Hans Albert Institut einen Artikel über „Ein Gespenst geht um – Christianophobie“. [12]

Kritik an christlichem Fundamentalismus, z. B. die kritische Berichterstattung an dem Fundi-Kongress UNUM24 – „Eins Sein Konferenz“ in München wurde sehr schnell im Kontext mit Anfeindungen gegen Christ*innen gebracht. Darüber habe ich bereits berichtet.

Zwei Screenshots als Beweis, entnommen von idea.

„Großbritannien: Über die Hälfe der Christen erlebt Anfeindungen“ und „Universitäten: Bekenntnis im rauen Wind“. Ein Screenshot von idea.

Natalie Meinert schrieb für das Eulemagazin einen Artikel über die christliche Rechte. „Die behauptet, in Europa wäre die Religionsfreiheit von Christ*innen in Gefahr. In Polen wird an der „Wissenschaft“ hinter dieser These gearbeitet – mit Auswirkungen auch auf Deutschland.“ [13]

Wie gesagt das Narrativ einer vermeintlichen „Christianophobie“, Erzählungen von Anfeindungen gegen und Diskriminierungen von Christ*innen sind nicht neu. Nur jetzt dringt diese Erzählung vermehrt in die Öffentlichkeit und nicht nur in Deutschland.

Verantwortlich dafür sind Netzwerke und Organisationen wie z.B. Agenda Europe, Demo für Alle, CitizenGo … und Europa für Christus. 2006 gegründet von dem Ehepaar Martin und Gudrun Kugler.

Gudrun Kugler (ÖVP), sehr gut vernetzt, warnte bereits 2016 im Rahmen einer Podiumsdiskussion vor „Intoleranz gegen Christen in Europa und deren Diskriminierung“. Dazu gehörte auch „Beschneidung von Erziehungsrecht der Eltern“.

Das von ihr gegründete „Observatory on intolerance and discrimination against christians in europe“, kurz OIDAC, sammelt akribisch Fälle. Darunter auch die sog. „Pufferzonen“ in UK in der Nähe von Praxen und Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, die Weigerung des obersten Gerichtshof Italiens der evangelischen Kirche Breccia di Roma eine Steuerbefreiung zu gewähren, Farbattacken gegen Gebäude von Abtreibungsgegner*innen und Fälle von Vandalismus, europaweit.

Doch was steckt hinter den Erzählungen von vermeintlichem Christenhass und –verfolgung, von Anfeindungen gegen Christ*innen? Denn wer genau hinschaut, kann so ziemlich in jeder Stadt die christlichen Sektenmitstreiter*innen der Zeugen Jehovas mit ihrem Wachturm in Einkaufsstraßen herumlungern sehen.

Auch gerne anzutreffen in Einkaufszonen sind Christ*innen, die einen Bibelkurs anbieten und Passant*innen ansprechen. Aber ebenso auch Gruppen von christlichen Abtreibungsgegner*innen vor Praxen und Kliniken und keine dieser Personen hat bisher eine auf’s Maul bekommen oder wurde bedroht.

Derartige Fälle sind nicht bekannt.

Ihre Meinung dürfen sie auch kundtun und ihre Vereine und Organisationen sind größtenteils als gemeinnützig anerkannt, wie z.B. der Bundesverband Lebensrecht, der vom Finanzamt für Körperschaften als gemeinnützig anerkannt wurde. [14] Und fast überall mischen sie sich ein.

Das Hans Albert Institut schrieb dazu folgendes:

Das Gespenst der Christianophobie Konservative Angriffe auf die europäische Gesellschaft ließen sich aber wegen des Widerstandes freigeistiger Kreise nicht mehr so einfach verwirklichen. Gewütet wurde und wird daher auf der Internetseite gegen z. B. den verweigerten Gotteshinweis in der europäischen Verfassung, die Ablehnung der Kandidatur Buttiglionis, die auch die Religionsprivilegien betreffenden europäischen Antidiskriminierungsgesetze, die Erleichterung der Embryonenforschung etc. Ein neues Kampfmittel musste her! Anfang 2008 wurde deshalb innerhalb der Initiative „Europa für Christus!" die Aktion "Christianophobie in Europa" zunächst in englischer Sprache gestartet.

Die Erzählung von den Anfeindungen und der Diskriminierung von Christ*innen sind als ein Kampfmittel und als „konservativer“ Angriff zu verstehen. Ein Angriff auf eine offene, multikuturelle, diverse Gesellschaft und auf die Laizität.

Es geht um Dominanz und um die Ausbreitung eines „Theokonservatismus“ vielleicht auch um eine „Theokratie“ oder eines theokratischen Faschismus und damit um rückständige Geschlechterrollen, einhergehend mit der Stärkung des Patriarchats bei gleichzeitiger Queerfeindlichkeit. Schwangerschaftsabbrüche werden mehrheitlich abgelehnt und teilweise auch Empfängnisverhütung, ebenso die Evolutionstheorie.

Es geht aber auch um die Erhaltung von Europa/USA als christliches Land und um Angst vor dem Bedeutungsverlust. Es geht deshalb auch um Ängste und um Abwehrmechanismen, die in den USA zu einem Kulturkampf geführt haben.

Es geht aber auch um eine anti-demokratische Grundhaltung, um LGBTIQ+-feindlichkeit und um Misogynie und um die Vorstellung ein Land wie am Beispiel der USA und dem Project 2025 „»aus dem Griff der radikalen Linken zu befreien«“, den Schaden, den sie angeblich »angerichtet« haben »rückgängig« zu machen und die »richtigen Menschen an die Macht zu bringen«, um »ein besseres Amerika für alle Amerikaner« zu schaffen.“ [15]

Vier Hauptziele werden im Manifest genannt: „»die Wiederherstellung der Familie als Mittelpunkt des amerikanischen Lebens, der Abbau des Verwaltungsstaates, die Verteidigung der Souveränität und der Grenzen der Nation sowie die Sicherung der gottgegebenen individuellen Rechte auf ein Leben in Freiheit«“. [16]

Diese Hauptziele lassen sich in leicht abgewandelter Form auch bei Organisationen in Deutschland erkennen über die in diesem Blog häufiger berichtet wurde.

Das Attentat auf Donald Trump könnte die Situation allerdings verschärfen im Hinblick auf das Narrativ „Christenhass“ oder „Anfeindungen gegen Christen“. CNA berichtete nämlich am 15.07.2024 über „Bei Trump-Attentat getöteter christlicher Vater war „der Beste von uns“ über den Getöteten, der jeden Sonntag in die Kirche gegangen sei und der als Held gestorben sei. Er sei ein „Mann Gottes gewesen, der Jesus sehr liebte und sich auch um unsere Kirche und unsere Mitglieder wie um eine Familie kümmerte“. [17]