Netzwerk Wissenschaftsfreiheit (7)

Dieser Beitrag steht mit sämtlichen Screenshots und Grafiken im Archiv zur Verfügung

Unter dem Register Dokumentation werden auf der Webseite des rechten Netzwerks Wissenschaftsfreiheit Beispiele für „bedrohte Wissenschaftsfreiheit“ aus dem deutschsprachigen Raum zusammengetragen.

Dieser Beitrag bezieht sich auf die Beispiele, die am 12.04.2021 dokumentiert wurden und hier archviert ist: https://archive.is/zMzOM.

Wer ein wissenschaftliches Studium absolviert hat, dürfte nach dem Lesen des Geschreibsels zu der Erkenntnis gelangen, dass für eine solche „Leistung“ Studierende nicht nur keinen Schein erhalten, sondern heftige Kritik ernten würden und das zu recht.

Bisher sind die Hochschulprofessor*innen mit den akademischen Titeln den Leser*innen nämlich eine Auseinandersetzung mit dem Begriff „Wissenschaftsfreiheit“ schuldig geblieben.

Die Begriffsbestimmung soll noch folgen, so die Autor*innen der Dokumentation, die trotzdem schon einmal losgelegt haben und unentwegt, auf unerträgliche Weise, das Hufeisen schwingen.

Infos zur Hufeisen“theorie“

Nachfolgend drei Beispiele aus der Dokumentation.

Beispiel 1: hier werden Kritiker*innen von Susanne Schröters Kopftuchkonferenz, von Rudolf Stöber und Bruno Klauk mit der Identitären Bewegung gleichgesetzt.

Screenshot, der die Angaben im Text belegt. Unter Punkt 2 wurde die Verlinkung zum Archiv angegeben. Hier kann der gesamte Text gelesen werden.

Beispiel 2: Kritiker*innen von Ruud Koopmans, Sandra Kostner und Gerald Wolf werden mit der Identitären Bewegung, die eine Ringvorlesung störte, gleichgesetzt.

Screenshot, der die Angaben im Text belegt. Unter Punkt 2 wurde die Verlinkung zum Archiv angegeben. Hier kann der gesamte Text gelesen werden.

Beispiel 3: Kritiker*innen von Paul Cullen, Bernd Lucke, Dieter Schönecker, Marc Jongen und Thilo Sarrazian werden mit der AfD, die dazu aufgerufen hat AfD-kritische Dozent*innen zu melden bzw. online öffentlich zu benennen, gleichgesetzt.

Screenshot, der die Angaben im Text belegt. Unter Punkt 2 wurde die Verlinkung zum Archiv angegeben. Hier kann der gesamte Text gelesen werden.

Dabei handelt es sich allerdings um eine kleine Auswahl, denn mehr würde den Rahmen dieses Threads sprengen.

Insgesamt ist es eine „Dokumentation“, die diese Bezeichnung nicht verdient. Denn eine Dokumentation muss auch Qualitätsmerkmale erfüllen, die laut Wikipedia sind:

Vollständigkeit, Übersichtlichkeit, Verständlichkeit, Strukturiertheit, Korrektheit, Editierbarkeit, Nachvollziehbarkeit, Integrität/Authentizität (z. B. Änderungshistorie), Objektivität. [1]

Dazu gehören Quellen und Definitionen von verwendeten Begriffen. Die fehlen auch. Keine Quellen. Ebenso wenig Definitionen und ich habe noch nicht einmal eine wissenschaftliche Messlatte an das Geschreibsel gelegt.

Da werden Narrative wie „Diffamierung“, „Selbstzensur“ verwendet. Da ist die Rede von etwas als „sexistisch oder rassistisch brandmarken“. Dabei weiß jedes Kind, dass das Brandmarken eine sog. Leibesstrafe in Mittelalter war bei der der betroffenen Person mit einem glühend heißen Eisen ein sog. „Schandmal“ eingebrannt wurde oder Galeerensträflinge mit „Feuermalen“ gekennzeichnet wurden. [2]

Screenshot eines mittelalterlichen Bildes. Auf dem Bild werden Menschen gebrandmarkt oder andere hängen am Galgen.

Eine Diffamierung ist im Übrigen eine „üble Nachrede“, eine „gezielte Verleumdung“ eine „Ehrverletzung“, eine „Hetze“ … , so Wikipedia, die auch Mobbing dazu zählt. [3]

Ist es Verleumdung oder üble Nachrede, wenn ich Paul Cullen als einen radikalen Abtreibungsgegner bezeichne, der bei Querfaschist*innen wegen seiner Impf“skpesis“ sehr gut ankommt und dies mit Quellen nachweisen kann?

Ist es Diffamierung, wenn ich behaupte, dass Heiner Rindermann ein Rassist ist und dabei z.B. auf seinen menschenverachtenden Artikel im Focus verweise? [4]

Ist es ein Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit, wenn ich Martin van Creveld als Neofaschist oder „neuen“ Rechten bezeichne, weil dieser z.B.
in 2004 als Redner für das Institut für Staatspolitik (IfS) fungierte oder
im Jahr darauf, also 2005, für die Sezession einen Betrag verfasste oder
2015 für die Junge Freiheit schrieb oder
ein Buch im neofaschistischen Ares-Verlag veröffentlichte oder
2017 für CATO schrieb oder
2019 erneut als Redner für das IfS angekündigt wurde oder
2019 einen Vortrag in der Bibliothek des Konservatismus (BdK), einem Think Tank „neuer“ Rechter, hielt?

Genauso gerechtfertigt ist auch die Kritik an van Creveld oder die Bezeichnung als:

„„frauenfeindlich, militaristisch, latent antiisraelisch, vulgärwissenschaftlich und methodisch primitiv“ bezeichnet hat. (2011)“ (entnommen der Dokumentation des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit)

Warum denn auch nicht, wenn es zutrifft?
Warum nach Euphemismen suchen?
Denn ein*e Rassist*in ist ein*e Rassist*in ist ein*e Rassist*in. … Punkt!

Doch das rechte Netzwerk Wissenschaftsfreiheit geht noch einen Schritt weiter + schreibt folgendes: „Diffamierungen können auch über subtilere Zuschreibungen wirksam werden („anschlussfähig an rechte Diskurse“, „umstritten“, „verharmlosend“ oder „auf dem linken Auge blind“).“

Selbst Begrifflichkeiten wie „umstritten“ oder „verharmlosend“ werden als Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit verstanden.

Dabei regelt Art. 5 III GG: Kunst- und Wissenschaftsfreiheit.

Ein Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit kann darum nur vom Staat erfolgen. Einerseits durch Veränderung des Gesetzes, [5] durch staatliche Untersagungen, Zwangsmaßnahmen oder tatsächliche Anordnungen. [6]

Und tatsächlich findet aktuell ein Eingriff auf die Wissenschaftsfreiheit in Bayern statt. Denn das Hochschulgesetz wird geändert. Das hat das bayerische Kabinett im Herbst beschlossen.

In Planung ist eine Hightech-Agenda, die in erster Linie Ingenieur- und Naturwissenschaftliche Disziplinen stärken will, aber nicht die Geistes- und Sozialwissenschaften.

Die nicht. Die werden zukünftig, wenn es so kommt, ins Hintertreffen geraten. [7]

Kritiker*innen vom Bund demokratischer Wissenschaftler*innen sehen durch die Verankerung von Unternehmertum, Wettbewerb und den Abbau der Hochschuldemokratie einen Eingriff in die Freiheit der Wissenschaft. [8]

Auch die Drittmittelforschung bzw. Drittmittelfinanzierung hatte Einfluss auf die Freiheit von Wissenschaft und Forschung, [9] aber auch darum geht es dem rechten Netzwerk Wissenschaftsfreiheit nicht.

Doch worum geht es ihm dann?
Dieter Schönecker, Gründungsmitglied des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit, brachte es auf den Punkt:

„Niemand darf verbindlich festlegen, was Begriffe wie „Antisemitismus“ oder eben auch „Rassismus“ aus der Sicht der Wissenschaft bedeuten. In gewisser Hinsicht tun dies nicht einmal die Wissenschaften selbst, da der Erkenntnisprozess immer offen ist.“

[10]

D.h. die Mitglieder/Mitstreiter*innen des Netzwerks wollen weiterhin im Namen der Wissenschaft Rassimus/antimuslimischen Rassismus, Antisemitismus, Misogynie, unerträgliche Menschenverachtung … darüber diskutieren, verbreiten und dafür nicht nur nicht kritisiert werden, sondern auch für die Konsequenzen, die unweigerlich daraus folgen, keinerlei Verantwortung übernehmen.

Dabei lernt schon jedes Kind, dass es notwendig ist für die eigenen Fehler einzustehen und Verantwortung für die Folgen einer möglichen Handlung zu übernehmen, dazu gehört aber auch das was eins schreibt, sagt oder unterlässt.

Laut Wikipedia ist dazu aber u.a. ein Gewissen nötig. [11]

Aller Wahrscheinlichkeit nach haben die Mitglieder/Mitstreiter*innen keins, aber trotzdem werde ich nicht aufhören, das Netzwerk im Auge zu behalten und es als das zu betrachten was es ist.

Und Nein, dieser Beitrag ist kein Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit. Es ist berechtigte Kritik am Netzwerk und an solchen „Wissenschaftler*innen“.