Hier beginnt Teil 6 der kleinen Reihe, die sich kritisch mit dem HausSeenest, einer vollstationären Einrichtung für traumatisierte Kinder und Jugendliche, betrieben vom Himmelsstürmer mit Mission Freedom als Gesellschafter*in, befasst.
Wir erinnern noch einmal daran, dass Mission Freedom (MF) ein christlich-fundamentaler/evangelikaler Verein ist, der von Gaby Wentland gegründet wurde. MF ist sehr sehr gut vernetzt und verbreitet auf seiner Webseite die Verschwörungsideologie/-erzählung von „Mind Control“, DIS inkl. Satanic Panic und schult die Mitarbeiter*innen regelmäßig in SoZo.
Das alles war bereits Thema und kann jederzeit nachgelesen werden. Doch Fragen bleiben zurück, viele Fragen und vor allen Dingen ein sehr großes Unbehagen, da die ersten Kinder schon im Haus SeeNest durch das Jugendamt untergebracht worden sind.
Die Verfasser*innen kommen nicht darum herum, sich zu fragen, ob derartige Einrichtungen nicht verboten werden sollten und wie ein solches Verbot formuliert werden könnte. Immerhin existiert in Deutschland Religionsfreiheit. Außerdem ist auf der Webseite des Himmelsstürmers kein Bezug zur christlichen Religion zu finden.
Wenn die gesetzlichen Bedingungen erfüllt werden, wie finanzielle Ausstattung, geeignete Räumlichkeiten und ausreichend qualifiziertes Personal …, steht nämlich einer offiziellen Genehmigung nichts im Wege.
Die Bedingungen scheinen offensichtlich erfüllt worden zu sein und das für die Unterbringung von zehn Kindern/Jugendlichen.
Die Verfasser*innen fragen sich, ob nicht das Kindeswohl gefährdet sein könnte. Doch ist Religion im Allgemeinen Kindeswohlgefährdend und wo fängt Kindeswohlgefährdung an, auch unter dem Aspekt von christlichem Fundamentalismus, der in diesem Fall gegeben scheint.
Das alles sind Fragen, die juristisch geklärt werden müssten, und die Suche nach Antworten enthält „Sprengkraft“. Denn der Bedarf an derartigen Einrichtungen ist vorhanden.
Private Träger*innen schließen diese Lücke. Und je mehr „Einsparungen“ und Kürzungen vorgenommen werden, desto größer wird die Lücke werden.
Doch wie kann sicher gestellt werden, dass die untergebrachten Kinder- und Jugendlichen nicht mit SoZo, nicht mit „Mind Control“ oder Satanic Panic konfrontiert und „behandelt“ werden?
Wie kann sicher gestellt werden, dass queere Kids und Jugendliche, die dort untergebracht werden und es jetzt schon sind, nicht einer verdeckten, als Seelsorge und Heilpädagogik/Traumatherapie getarnten, Konversionsbehandlung unterzogen werden?
Wie kann sicher gestellt werden, dass die Kinder und Jugendlichen nicht missioniert und nicht indoktriniert werden? Wie kann sicher gestellt werden, dass die Kinder und Jugendlichen nicht noch zusätzlich geschädigt oder traumatisiert werden?
Correctiv veröffentlichte am 14.05.2024 einen längeren Artikel über „Glaube und Geld: Wie die religiöse Rechte aus den USA Europa finanziell unterwandert“ und beschrieb „Dunkle Geldflüsse aus den USA Richtung Europa“. [1]
Beschrieben wurde aber auch zugleich ein riesengroßes Netzwerk, dessen Anliegen identisch mit dem von „Demo für Alle“ ist und die wiederum viele Gemeinsamkeiten und Schnittmengen hat, auch mit Mission Freedom (MF), der Gesellschafter*in des Himmelsstürmers, die das Haus SeeNest betreibt.
Und hier sind wir schon bei einer weiteren Gefahr angekommen, die nicht nur die untergebrachten Kinder und Jugendlichen betrifft, sondern die Gesellschaft als Ganzes. Denn rechter christlicher Fundamentalismus/“konservative“ Evangelikale werden offensichtlich nur im Ausland als Gefahr erkannt.
Gleichzeitig wird ignoriert wie netzwerkartige Verbindungen funktionieren und dass auf diesem Wege ein permanenter Austausch erfolgt.
Wer also nur in die USA schaut, verpasst den Moment hier in Deutschland den „Gotteskrieger*innen“ Einhalt zu gebieten. Was längst hätte geschehen müssen.
Denn ist ja doch so, über diese Netzwerke –
und Mission Freedom (MF) beschreibt auf der Webseite „Unsere Netzwerke und Bündnisse“ zu denen folgende gehören: Gemeinsam Gegen Menschenhandel, European Freedom Network, Im Verbund der Diakonie, Mitglied im Arbeitskreis Christlicher Lebenshilfe (ACL), Arbeitskreis Rituelle Gewalt Witten, Haus der Hoffnung e.V., Zoe Mentorship (Uganda), A21, [2] –
werden unablässig Informationen und ebenso auch Botschaften ausgetauscht, vermittelt und Meinungen bestätigt bzw. verstärkt.
Sie sickern aber auch durch weitere Kontakte und Verbindungen in die Gesellschaft ein und das unaufhörlich.
Am Beispiel von Gaby Wentlands Aktivitäten kann mensch das sehr gut erkennen. Sie veröffentlicht Publikationen und MF hat eine DVD „Wenn es Deine Tochter wäre“ im Programm.
Gerth-Medien hat Mission Freedom eine Kooperation angeboten. 2 DVD’s für 20 Euro, darunter die von MF. Zusätzlich werden Mission Freedom und Gemeinsam gegen Menschenhandel am Ende des Films erwähnt. [3]
Außerdem ist der Terminkalender von Gaby Wentland prall gefüllt. Ob es ihre Predigt beim Marsch für Jesus in Münster oder der Urlaub mit Gaby in Tirol sind oder ihre Zusammenarbeit mit Pierrot Frey und Taubereisen e.V.
Zusätzlich ist sie aktiv in ihrer Gemeinde, der Freien Gemeinde Neugraben e.V., bei Mission Freedom und Gemeinsam Gegen Menschenhandel.
Doch das ist längst nicht alles. Unter dem Namen „Alltagssieger“ veröffentlicht sie bei Youtube ihre Videos. Mittlerweile ist eine stattliche Summe von 219 Videos zusammengekommen und ihr Kanal hat 12.400 Abonnent*innen.
Bei Youtube veröffentlicent MF ebenfalls Videos u.a. über rituelle Gewalt, die es geben soll. Die Kommentare sind durchweg positiv und dankbar. Ganz offiziell schloss sich in den Kommentaren der evangelikale Verein Perlenschatz MF an. [4]
Der evangelikale Verein Perlenschatz teilte mit, „auch wir hatten mit Menschen zu tun, die rituelle Gewalt erlebt haben, und schließen uns Mission Freedom an!“ [5]
Damit verbreitet auch Perlenschatz mit einem Botschafter aus den Reihen der SPD (Frank Inderthal) [6] eine Verschwörungserzählung/-ideologie, die Satanic Panic enthält.
Und die Zeiten sind finster und damit wunderbar für derartige Mumpitz, Ideen und Ideologien, denn die Menschen suchen in problematischen Zeiten für komplexe Probleme und Katastrophen nach einfachen Lösungen und Antworten.
SRF schrieb dazu: „Satanic Panic: Die Verschwörungserzählung verbreitet sich weiter“ und weiter:
„Eine Verschwörungserzählung über geheime, satanistische Zirkel verbreitet sich auch in religiösen Kreisen. Das zeigt eine neue SRF-Recherche.
Sie wird auch in Psychologiepraxen weitergegeben. Die Rede ist von dunklen Mächten, «Mind Control» und ritueller Gewalt.“ Nachzuhören hier
Welche Formen diese Verschwörungserzählung oder dieser Glaube haben kann und welche Konsequenzen folgen können, hat der „Fall Nathalie“ gezeigt:
Und genau in diesem Spektrum ist der Himmelsstürmer mit Mission Freedom als Gesellschafter*in fest verankert, doch auf der Webseite liest sich das so:
„Ein interdisziplinäres Team von PädagogInnen, SozialarbeiterInnen, tiergestützten TherapeutInnen, ErlebnispädagogInnen, PsychotherapeutInnen und TraumaberaterInnen arbeitet in Kooperation mit verschiedenen Netzwerkpartnern zusammen. Das gesamte Team arbeitet mit einer traumasensiblen und ressourcenorientierten Haltung.
Heilpädagogisch-therapeutischer Alltag
Wir arbeiten mit einem ganzheitlich-traumapädagogischen Ansatz im Alltag, der darauf abzielt, BewohnerInnen zu stabilisieren, ihre Selbstkompetenzen und Selbstwirksamkeiten zu stärken, um sie dadurch in ihrer Genesung zu fördern: Strukturierter Tagesablauf, persönliche Ressourcen entdecken und entwickeln, Anleitung in lebenspraktischer Kompetenz und Koordinationstraining (ressourcenorientierte Freizeitaktivitäten). Der traumapädagogische Alltag wird durch traumatherapeutische Fachleistungsstunden ergänzt. Die Therapie findet überwiegend inhouse statt.“
[7]
Vertreten wird der Himmelsstürmer als Geschäftsführerin [8] durch die Sozialökonomin Inga Gerckens, die auch „operative Leiterin des Vereins „Mission Freedom“ ist. [9] Sie gehört auch zur Gemeindeleitung der Christus-Gemeinde Barmbek-Süd. [10]
Sie gehörte auch zu den Unterzeichner*innen von „Scientists for a world without prostitution“. [11] Dieser Appell wurde zuerst im EMMA-Magazin im Jahr 2014 veröffentlicht. [12] Mit diesem Appell unterstützten die Unterzeichner*innen die „Aktion Stopp Sexkauf“. [13]
Das war vor 10 Jahren und auch in diesem Appell taucht der Begriff der „psychischen Dissoziation“ auf, allerdings noch ohne Verschwörungsideologie.
Der Arbeitskreis Religionsfreiheit – Menschenrechte – verfolgte Christen der EAD berichtete in diesem Jahr über den Kongress gegen Menschenhandel und Inga Gerckens von Mission Freedom folgendes:
„Gerckens: Schon Kinder werden auf sexuelle Ausbeutung vorbereitet
Einen weiteren Vortrag hielt die Sozialökonomin und operative Leiterin des Vereins „Mission Freedom“, Inga Gerckens (Hamburg). Dieser setzt sich gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution sowie rituelle Gewalt ein und betreibt Ausstiegshäuser in Hamburg und Frankfurt am Main.
„Wir müssen die Strategien der Zuhälter kennen, um den Opfern zu helfen“, betonte sie. Es gebe einen Markt, der gezielt Kinder auf die Ausbeutung vorbereite, um sie einer „sehr kaufkräftigen Kundschaft zur Verfügung zu stellen“.
Hier kann mensch die Entwicklungen in den letzten zehn Jahren sehr gut erkennen. Obwohl bisher nicht nachgewiesen werden konnte, dass „Rituelle Gewalt“ ein weit verbreitetes Phänomen ist. Es wurden auch keine Forensischen Beweise gefunden für die vielfach „behaupteten Folterungen, Opferungen und Morde während satanistischen Ritualen“.
„Die Berichte über rituellen Missbrauch gingen stattdessen auf suggestive Befragungen kleiner Kinder oder auf Bekenntnisse ehemaliger Priester satanistischer Kulte zurück, die sie im Rahmen einer Bekehrung vor ihrer neuen christlichen Gemeinde ablegten. Diese Berichte erwiesen sich in mehreren Fällen als unzutreffend.“ [15]
Und in einem solchen Umfeld werden Kinder und Jugendliche untergebracht, betreut, behandelt und versorgt. Das wirft viele Fragen auf. Auf die Antworten warte ich noch, denn die Abgeordnete Katja Triebel von Die Grünen hat betreffend „Mission Freedom e.V. auch die Himmelsstürmer Deutschland gGmbH“ am 02.05.2024 eine schriftliche Anfrage an den bayersichen Landtag gestellt.
Die Antworten allerdings waren enttäuschend.
„Mangels konkreter Anhaltspunkte gedenkt die Bayerische Staatsregierung zum aktuellen Zeitpunkt nicht, „Mission Freedom e.V.“ näher zu beleuchten.“
Und weiter: „In welcher Beziehung „Mission Freedom e.V.“ zur „Himmelsstürmer Deutschland gGmbH“ steht, ist der Bayerischen Staatsregierung nicht bekannt.“
Und weiter: „(…)vielmehr besteht ein Rechtsanspruch des Trägers auf Erteilung der Betriebserlaubnis.“
Und weiter: „Die Bayerische Staatsregierung gedenkt derzeit nicht, eine Prüfung zu veranlassen, ob „Mission Freedom e.V.“ berechtigt ist, Fördermittel zu erhalten.“
Diese Anfrage wird in Kürze als Drucksache erscheinen und damit veröffentlicht. Doch die Antworten waren enttäuschend.
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