In diesem Beitrag geht es um die Fragen „Was ist Evangelikal?“ und „gibt es das auch in Links?“
Zunächst einmal gibt es innerhalb des Christentums drei Kirchen: die römisch-katholische, die evangelische und die orthodoxe Kirche, sowie zahlreiche Freikirchen wie z.B. Baptisten, Pfingstkirchen, Mennoniten, Adventisten … .
Eine der bekanntesten Evangelikalen Organisationen ist die Evangelische Allianz in Deutschland (EAD) mit einem riesengroßen Netzwerk von ca. 500 Organisationen, Vereinen und Kirchengemeinden.
Mittlerweile stellen Evangelikale eine der einflussreichsten Strömungen innerhalb des globalen Christentums dar. [1]
Da eine allgemeingültige Definition so kurzfristig nicht zur Verfügung stand, konzentrieren „wir“ uns auf die theologischen Grundüberzeugungen.
An erster Stelle steht die Bibel als höchste Autorität in Glaubens- und Lebensfragen. Das liest sich dann z.B. so: „Die Bibel ist der allein verbindliche Maßstab des Glaubens; alles andere ist nur an ihr zu messen.“ [2]
In der Glaubensbasis der Evangelischen Allianz in Deutschland (EAD) steht dazu: „Die Bibel, bestehend aus den Schriften des Alten und Neuen Testaments, ist Offenbarung des dreieinen Gottes. Sie ist von Gottes Geist eingegeben, zuverlässig und höchste Autorität in allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung.“ [3]
Außerdem wird die Bibel wortgetreu ausgelegt und verstanden. Die Nashville-Erklärung, die 2017 von einer Reihe von evangelikalen Leitern in Amerika veröffentlicht wurde, verdeutlicht die Konsequenzen dieser bibeltreuen Lesart. Nachzulesen hier
Einige ausgewählte Beispiele sollen dies verdeutlichen:
Artikel 1: „(…)Wir lehnen ab, dass Gott d Ehe geschaffen habe als eine homosexuelle, polygame oder polyamore Beziehung. Wir lehnen ebenso ab, dass die Ehe ein rein menschlicher Vertrag sei, statt eines Bundes, die vor Gott geschlossen wird.“
Artikel 5: „(…)Wir lehnen ab, dass das Auftreten körperlicher Anomalien oder psychischer Gegebenheiten die von Gott beabsichtigte Verbindung zwischen biologischem Geschlecht und Selbstverständnis als Mann und Frau zunichtemachen sollen.“
Artikel 7: „(…)Wir lehnen ab, dass die Annahme eines homosexuellen oder transgender Selbstverständnis mit Gottes heiligen Absichten in Schöpfung und Erlösung übereinstimmen kann.“
Artikel 8: „(…)Wir lehnen ab, dass sexuelle Anziehung für das gleiche Geschlecht ein Teil der guten ursprünglichen Schöpfung Gottes sein soll oder dass das eine Person von der Hoffnung des Evangeliums trennen muss.“ [4]
Eine offizielle Stellungnahme der Evangelischen Allianz in Deutschland (EAD) zur Nashville-Erklärung (mit dem Zusatz: Ein Bündnis für das biblische Verständnis von Sexualtität) gibt es bis heute nicht. Berthold Schwarz von der FTH Giessen, die zum Netzwerk der Evangelischen Allianz Giessen gehört, begrüßte sie.
Ein weiteres Merkmal ist die Evangelisation, also die Weitergabe des Evangeliums und die Missionierung neuer Gläubiger als wichtiger Bestandteil. [5]
Als die EKD (Evangelischen Kirche in Deutschland) 2018 ihr Positionspapier „Für die Begegnung mit Muslimen“ veröffentlichte, sorgte dieses für Streit.
Dabei ging es um diesen Satz: „Der Dialog mit Muslimen ziele auf das gegenseitige Kennenlernen, nicht aber auf eine Konversion zur jeweils anderen Religion.“ [6]
Die Evangelische Allianz in Deutschland (EAD) verzichtet jedoch nicht auf Mission. [7]

Auch dies ist ein Unterschied zur evangelischen Kirche und evangelischen Kirchengemeinden.
Ein weiterer Unterschied zu evangelischen Kirchengemeinden ist die Tatsache, dass Menschen, die keine Lust mehr auf eine Mitarbeit in der Gemeinde haben, nicht unter Druck gesetzt werden.
Sie können einfach fernbleiben. Aussteiger*innen gibt es in der evangelischen Kirche keine, im Gegensatz zu evangelikalen Gruppen, die bisweilen sektenartige Züge annehmen.
Hier einige Beispiele:
https://taz.de/Ausstieg-bei-den-Evangelikalen/!5786685/
https://www.zeit.de/campus/2017-08/freikirche-glaube-aussteiger-jugend-baptisten
Bekehrungserlebnisse spielen ebenfalls bei Evangelikalen eine große Rolle und ebenso Worship. Auch damit unterscheiden sich evangelikale freikirchliche Gemeinden von der evangelischen Kirchengemeinde.
Ein weiterer Unterschied zur evangelischen Kirchengemeinde ist die Vehemenz die Evangelikale in ihrem Verhalten an den Tag legen. Druck und Manipulation gehören dazu.
So berichtet die Aussteigerin Daniela aus der Freikirche ICF von „geistlichem Mißbrauch, toxischen Strukturen, Manipulation, aber auch über psychologische Dynamiken, die Menschen in solche Systeme hineinzieht (…).“ [8]
Hier ist das Beispiel eines Aussteigers aus einer Pfingstgemeinde, „der vollgepumpt mit dem Grausen vor der ewigen Verdammnis“ wurde und wie die näheren Umstände waren
Das waren jetzt einige Unterschiede zur evangelischen Kirche, die ihre Gemeindemitglieder nicht mit Angst, Druck, Manipulation, Worship, Bekehrungserlebnissen, massiven Missionierungsabsichten konfrontiert.
Wie finde ich den Beweis, dass eine Organisation, Kirche oder Gemeinde evangelikal ist?
Auf der Webseite der Evangelikalen Evangelischen Allianz in Deutschland (EAD) werden die „Werke“ (also Organisationen und Kirchengemeinden) aufgeführt, die a) direkt zur EAD gehören, die b) intensiv verbunden sind und c) verbunden sind.
Hier kann mensch nachschauen und sich informieren. Eine weitere Informationsmöglichkeit sind die Evangelischen Allianzen in den jeweiligen Städten. Beispiel: Die Evangelische Allianz Marburg führt alle regionalen Kirchen und Gruppierungen auf, die zur Evangelischen Allianz Marburg gehören.
Aufzuführen sind in diesem Fall z.B. die Royal Rangers Marburg, die Anskar Kirche, die Christchurch Marburg ( Methodisten), die Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten Marburg … . http://www.evangelische-allianz-marburg.de/gemeinden/ und http://www.evangelische-allianz-marburg.de/werke/
Die TelefonSeelsorge Marburg gehört dazu und ist damit evangelikal. Ebenfalls angeschlossen ist das Blaue Kreuz Marburg – Suchtkrankenhilfe.
Wer sich also der EAD anschließt ob intensiv verbunden oder „nur“ verbunden, ist damit Evangelikal und mehr noch. Diese Organisationen gehören zur KiNC-Landschaft (KiNC = Kingdom-minded Network Christianity), also „eine transformierte Welt durch die sukzessive Ausbreitung des Reiches Gottes“.
[9 = Maria Hinsenkamp „Visionen eines neuen Christentums – Neuere Entwicklungen pfingstlich-charismatischer Netzwerke, Transcript Verlag, S. 50]
Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf das nachfolgend abgebildete Buch von Maria Hinsenkamp, die diese Entwicklungen mehr als ausführlich dargestellt hat.

Nun zur Frage, ob es Evangelikale auch in Links gibt? Es gibt tatsächlich Aussagen über „linke evangelikale Gruppen“, die sich für soziale Themen einsetzen. Themen wie soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz und die Bewältigung von Flucht und Armut mit Bezug auf die Bibel.
Allerdings können wir diese Aussage nicht bestätigen. Die EAD als größte evangelikale Gruppierung oder Organisation kümmert sich um diese Themen überhaupt nicht.
Da Links-sein stets auch emanzipatorisch ist und sein muss, erfüllt die EAD und alle Gruppierungen, Organisationen, Gebetshäuser und Vereine, die sich der EAD angeschlossen haben, diese Voraussetzung nicht.
Es mag wohl eine „Religiöse Linke“ geben, aber Evangelikalismus und Links-sein schließen einander aus. Denn die EAD und alle Organisationen …, die sich der EAD angeschlossen haben, und das Netzwerk ist riesengroß, sind durchaus auch autoritär, da sie die Bibel wortwörtlich auslegen und zur obersten Autorität erklärt haben. Sie gehören außerdem zur KiNC-Landschaft gehören.
Wer in dieser Landschaft zu finden ist, will einen christlichen Gottesstaat errichten, dem nur Männer und Frauen angehören und in der alle cisgeschlechtlich und heterosexuell zu sein haben.
Alle, die nicht diesem Bild entsprechen, werden dann seelsorgerisch behandelt oder/und unter Druck gesetzt und manipuliert oder kriminalisiert. Denn nur so kann ein christlicher Gottesstaat funktionieren. Ein christlicher Gottesstaat, dem sich alle unterzuordnen haben, egal ob Agnostiker*in oder Atheist*in oder einer anderen Religion zugehörig. Egal ob mensch will oder nicht.
Da dies weder eine wissenschaftliche noch theologische Abhandlung ist, beenden wir unsere Überlegungen mit dem Hashtag #EvangelikaleSindGefährlich.