Sind es rechte Christ*innen oder christliche Rechte? Ein Thread

Datum: 28.04.2020

1) Sind es christliche Rechte oder rechte Christ*innen oder sind es fundamentalistische Christ*innen, die rechts sind?
Symbolbild: Heidi Mund mit Schlandlappen und Aufschrift: Jesus Christus Herr

2) Sind es Evangelikale, Bibeltreue, die sowieso latent rechts sind bzw. mindestens protofaschistisch?

3) Da die Übergänge fließend sind, ist es m.M.n. schwierig eine präzise Bezeichnung zu finden. Denn auch Organisationen von Abtreibungsgegner*innen oder Einzelpersonen aus der Anti-Choice-Bewegung gesellen sich dazu.

4) Kleinere rechte und/oder christliche Gruppierungen und deren Publikationen/Aktionen kommen hinzu, die sich auf ein „christliches“ Weltbild beziehen oder explizit auf die katholische Kirche oder den Papst.

5) Wie z.B. Opus Dei, die Initiative Pontifex, die Legionäre Christi/Regnum Christi oder die Piusbruderschaft. …

Anmerkung: Opus Dei und die Bruderschaft Pius X. betreiben Privatschulen!!!
Infos über Schulen der Piusbrüder hier und Infos über Schulen des Opus Dei hier

6) Nicht immer ist sofort ersichtlich mit wem mensch es zu tun hat oder wie sie bezeichnet werden können? Wie groß ist ihr Einfluss auf die Gesellschaft und wie groß ist der gesellschaftliche Schaden, den sie anrichten?

7) Ernstnehmen? Ignorieren? Sie auslachen? Darüber Informieren? Ein Fass aufmachen?

8) Fragen über Fragen, genau so viele wie es Organisationen gibt. Deshalb kann dieser Thread auch keinen noch so oberflächlichen Überblick über die jeweiligen Gruppierungen bieten, allenfalls versuchen einen Beitrag zur Sensibilisierung dieser Problematik zu leisten.

9) Beispiel I ist der Verein Durchblick e.V., der 1997 gegründet wurde, um den katholischen Glauben zu verbreiten. Vorsitzender ist der Abtreibungsgegner Thomas Schührer mit seiner Bürgerinitiative Faire Medien und [1]

10) seiner Initiative Solidarität statt Selbsttötung, die sich nicht nur gegen Abtreibungen, sondern gegen Sterbehilfe und gegen „Tendenzjournalismus“ einsetzt.

11) Durchblick schien zunächst ein kleiner unbedeutender Verein zu sein mit einer geringen Reichweite. Doch das sollte sich ändern. Denn im Dez. 2018 begrüßte der Verein die Beibehaltung des §219a StGB „Werbung für Schwangerschaftssabbrüche“

12) Dabei ging es nicht um Werbung mit Leuchtreklame oder an Litfassäulen, sondern um notwendige medizinische Informationen über einen Schwangerschaftsabbruch. Obwohl das offensichtlich ist, wurde der Begriff Werbung zur Stimmungsmache eingesetzt. [2]

13) An der Aktion von Durchblick e.V. gegen „Werbung“ schlossen sich 7 Bundestagsabgeordnete an. [3]

14) Mit ihnen im Rücken konnte der Verein vollmundiges verkünden. Nämlich, dass der Verein Durchblick e.V. die Studie zu den „psychischen Folgen nach Abtreibung“, gemeint war das nicht existente Post-Abortion-Syndrom, unterstützt. [4]

15) Und um zu erklären, die Diskussion um die Abschaffung des §219a nutzen zu wollen, um einen Wendepunkt in der Einstellung unserer Gesellschaft herbeizuführen und dies unter Mitwirkung von Dr. Rainer Beckmann (Juristen-Vereinigung Lebensrecht) und Michael Ragg. [5]

16) Und hier beginnt Beispiel II mit Ragg’s Domspatz. Eine Organisation, die laut eigenen Angaben die christliche Kultur durch eigene Veranstaltungen und Publikationen fördert und die sich als Agentur für christliche Kultur bezeichnet.

17) Das Team besteht allerdings lediglich aus 2 Personen: Michael Ragg und Vivian Ragg. [6]

18) Im Veranstaltungsportal christ-konkret.de wird Ragg’s Domspatz als „neues Format der Neuevangelisierung“ beschrieben. [7]

19) Zu den Tätigkeitsfeldern von Ragg’s Domspatz gehören die sog. Domspatz-Soiréen [mit Gästen wie z.B. Birgit Kelle, Gabriele Kuby, Hedwig von Beverfoerde, Matthias Matussek …] und u.a. die Konzeption der Kirchenmesse GLORIA

20) sowie die Beratung des Kongress Christlicher Führungskräfte (KcF). Und an diesem Punkt wird aus einer winzigkleinen Orga eine die Einfluss nehmen kann und sei es nur durch die Beratung des KcF. [8]

21) Und hier beginnt Beispiel III.
Beim Kongress christliche Führungskräfte (KcF) handelt es sich um den Zweckbetrieb von idea, der der Nachrichtenagentur mit Sitz im mittelhessischen Wetzlar, die Möglichkeit einräumt sich trotz Gemeinnützigkeit finanziell zu bereichern. [9]

22) Idea gehört zur Evangelischen Allianz in Deutschland (EAD) einem fast undurchschaubaren Netzwerk von Evangelikalen deren erklärtes Ziel die Missionierung ist.

23) Der KcF ist nicht nur ein Zweckbetrieb, sondern auch ein alle 2 Jahre stattfindendes evangelikales Spektakel im Sinne einer Messe mit Unternehmen/Organisationen als Aussteller*innen und Veranstaltungen, wie z.B. Seminaren, Workshops sowie einem Rahmenprogramm. (siehe hier, hier und hier)

24) Die Schirmherrschaft wurde in der Vergangenheit vom Bürgermeister/Oberbürgermeister der Stadt übernommen in der der KcF tagte. 2015 war das Olaf Scholz (SPD) (Hamburg) [1], 2017 Ulrich Maly (SPD) (Nürnberg), der bereits 2011 ein Statement auf dem KcF abgegeben hatte [2]

25) und 2019 Martin Lenz (SPD) (Bürgermeister für Soziales, Karlsruhe) [3]

26) An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, d. zahlreiche führende Mitglieder der EAD und idea sehr enge Kontakte z.B. zu sog. „neuen“ Rechten unterhalten, wie z.B. zur Jungen Freiheit als Autor*innen, zur Bibliothek des Konservatismus (BdK) als Referent*innen unterhalten.

27) Vor rechten und extremen Rechten bestehen keine Berührungsängste, weil die Übergänge fließend sind und die Schnittmenge der Gemeinsamkeiten groß ist.

28) Ein Beispiel: 2010 unterzeichnete idea die Rechtschreibresolution Gutes Deutsch, mit der Überschrift „Tradition, Kultur und Sprache bewahren, Volksvermögen schützen: Wir kippen die Rechtschreibreform“.

29) Die entsprechende Webseite steht mittlerweilen icht mehr zur Verfügung, wurde aber rechtzeitig archiviert: archive.is/zZRF0. So dass jede:r sehen kann, wer diese Resolution neben idea noch unterzeichnet/unterstützt hat.

30) Darunter u.a. der Studentenbund Schlesien, die Gesellschaft für freie Publizistik, die Christdemokraten für das Leben (CDL), der Hohenrain-Verlag, der Grabert-Verlag,

31) die Deutsche Vereinigung für eine christliche Kultur DVCK, die Junge Freiheit, die Republikaner im Rat der Stadt Köln, das Collegium Humanum, Ursula Haverbeck. …

32) Was hier entstanden war, war eine brandgefährliche Mischung aus Verlagen, Einzelpersonen, Vereinen und Parteien, inkl. dem 2008 verbotenen Collegium Humanum mit der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck. [4]

33) Da der Thread schon so weit fortgeschritten ist, sollen diese Beispiele genügen, obwohl es dazu noch so viel zu sagen gibt, da es so unendlich viele Gemeinden/Verbände/Vereine gibt.

34) Wie z.B. das Forum Deutscher Katholiken (FDK), das Institut für Gesellschaftswissenschaften Walberberg, Zukunft Europa, der Evangelische Gnadauer Gemeinschaftsverband, Christen in der AfD

35) Unter Deutschland Betet Gemeinsam (Archiv: archive.is/GzWbo und archive.is/GKbr7) kann mensch weitere finden. Pfingstgemeinden, Freikirchliche Gemeinden und und und …

36) Deshalb erscheint es an dieser Stelle sinnvoller auf die unter 1) und 4) formulierten Fragen zurückzukommen.

37) Wie können solche Gruppierungen/Orgas/Vereinigungen und ihre Mitstreiter*innen präzise sprachlich bezeichnet werden? Wie groß ist ihr Einfluss? Sind sie gefährlich? Und wie klein oder groß muss eine Gruppierung sein,

38) damit sie gesellschaftlichen Schaden anrichten kann und um endlich die kritische Aufmerksamkeit zu erhalten, die sie verdient?

39) Alle gewählten Beispiele veranschaulichen wie Abgrenzungen verschwimmen und es mitunter unmöglich ist eine präzise Bezeichnung zu finden.

40) Sie zeigen aber auch, wie durch die Unterstützung von Bundestagsabgeordneten und/oder Ober-/Bürgermeister Organisationen aufgewertet werdenund als „normal“ erscheinen.

41) So als sei in Ordnung eine Ideologie/Religion unter’s Volk zu bringen, die wie die Glaubensgrundsätze der EAD auf Ausgrenzung und Diskriminierung basieren. So als sei es in Ordnung eine religiöse Gruppierung zu unterstützen, die sich für Konversionstherapie einsetzt und

42) aus „Homoumpoler*innen“ Seelsorger*innen macht und dann wehleidig klagt: „Verbot von Konversionstherapien: Auch Seelsorger betroffen?“ (idea vom 19.11.2019) und sich dabei auf einen Verfechter von Konversionstherapie bezieht, nämlich den Sozialarbeiter Markus Hoffmann. [10]

43) Besonders gefährlich für die Gesellschaft sind auch Verbindungen zwischen z.B. EAD und dem Kapital/Wirtschaft, die im KcF ihren Ausdruck finden und die zugleich durch die Schirmherrschaft von Bürgermeistern geadelt werden, statt ausgegrenzt und bekämpft.

44) Besonders gefährlich für die Gesellschaft sind Gruppen, Orden, Gemeinden, die missionieren, denn so wie ein Recht auf Religionsfreiheit besteht, besteht auch ein Grundrecht KEINER Religion anzugehören und demzufolge auch davon verschont zu bleiben.

45) Gefährlich für die Gesellschaft können darum auch kleine religiöse/protofaschistische sog. Konservative oder rechte Gruppierungen/Aktionen werden, wenn diese durch Politiker*innen oder sog. Prominenz unterstützt werden, wie jüngst „Deutschland Betet Gemeinsam“.

46) All jenen Gruppierungen/Einzelpersonen, egal wie sie bezeichnet werden, ist gemeinsam, dass sie Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, wie zum Beispiel Misogynie oder LGBTQIA-Feindlichkeit

47) oder antimuslimischen Rassismus oder Nationalismus produzieren und weiterverbreiten. Und das hat nichts mehr mit Meinungsfreiheit oder Religion zu tun.

48) Auch wenn ich immer noch keine präzise Bezeichnung für dieses menschenfeindliche Pack gefunden habe, so kann ich doch die anderen Fragen beantworten:

49) Ernstnehmen! NICHT Ignorieren! NICHT Abtun oder Lächerlich machen! Ernstnehmen, weil sie GEFÄHRLICH sind! Sich Informieren! Andere informieren! Und mit Entschlossenheit dagegenhalten!

Anhang mit weiteren abschreckenden Beispielen nicht nur aus den USA: