Aufklärer oder Schwurbler?

Dieser Beitrag steht mit allen Screenshots und Grafiken im Archiv zur Verfügung

Ein Beitrag der sich mit der Frage befasst: Ist der Religionswissenschaftler Dr. Michael Blume – Aufklärer oder Schwurbler?

Eine Frage, die berechtigt scheint. Denn immerhin bezeichnet der Religionswissenschaftler Kritiker*innen als Trolle ohne sich jemals mit der entsprechenden Kritik auseinandergesetzt zu haben.

Geschweige denn, dass dieser ein sachliches Gespräch mit den Kritiker*innen geführt hat.

Ein Space, der sich mit der eingangs gestellten Frage befasste, wurde von ihm als „Linksaußen-Mini-Tribunal“ bezeichnet. Der Screenshot wurde bearbeitet.
(Original vorhanden, sowie der Link)

Ein Re-Tweet mit Kommentar von Dr. Michael Blume: „Immer noch erreichen mich ganz viele Fragen & viel Solidarität zum gestr. Linksaußen-Mini-Tribunal. @jjhavemann (Emoji von gefalteten Händen). Kurz gesagt: Ich zahle den Preis des Beschimpft-Werdens gerne für eine liberale Gesellschaft, in der jede/r kritisiert werden kann. (4 Emojis folgen)

Ein Re-Tweet mit Kommentar von Dr. Michael Blume: „Immer noch erreichen mich ganz viele Fragen & viel Solidarität zum gestr. Linksaußen-Mini-Tribunal. @jjhavemann (Emoji von gefalteten Händen). Kurz gesagt: Ich zahle den Preis des Beschimpft-Werdens gerne für eine liberale Gesellschaft, in der jede/r kritisiert werden kann. (4 Emojis folgen)

Blume behauptet, er sei beschimpft worden. Dabei war es nur berechtigte und durchaus sachliche Kritik an dem was er veröffentlicht und wie er es formuliert. Es war also eine Diskussion, die sich um Inhalte drehte, sonst nichts.

Der Religionswissenschaftler ist nämlich eine Person, die in die Öffentlichkeit tritt. Er schreibt Bücher, hält Vorträge, gibt Interviews, ist in den Medien vertreten und übt eine öffentliche Funktion aus, nämlich die des Antisemitismusbeauftragten des Landes Baden-Württemberg. Mehr zu dieser Funktion hier.

Zweifel erscheinen hier durchaus angebracht an einem Antisemitismusbeauftragten aus den Reihen der CDU, zu deren Strukturen die WerteUnion, die Junge Union, der Berliner Kreis, … und die Christdemokraten für das Leben (CDL) gehören.

Wir erinnern an den Marsch für das Leben, organisiert vom Bundesverband Lebensrecht, dem die CDL als Mitglied angehört, und an die Verharmlosung des Holocaust, die immer da zu finden ist, wo Abtreibungsgegner*innen zusammenkommen.

Dieses T-Shirt trug ein Teilnehmer am Marsch für das Leben 2021. Und das ist jetzt nur ein Fall von vielen.

Foto vom Marsch für das Leben. Zu sehen ist ein Mann mit einem T-Shirt mit dem Aufdruck „Stoppt den Babycaust“.

Foto vom Marsch für das Leben. Zu sehen ist ein Mann mit einem T-Shirt mit dem Aufdruck „Stoppt den Babycaust“.

Dazu hat sich der Antisemitismusbeauftragte Ba-Wü allerdings noch nie geäußert. Warum eigentlich nicht?

Was kann also ein Antisemitismusbeauftragter bieten, der schon als Schüler in die Junge Union eingetreten und durch und durch Mitglied der CDU ist. Mitglied einer konservativen, also protofaschistischen, Partei?

Was ist von einem Antisemitismusbeauftragten zu erwarten, der nicht nur Referent, sondern auch Schirmherr für einen evangelikalen Antisemitismus-Kongress im Gästehaus Schönblick gewesen ist?

Was ist von einem Antisemitismusbeauftragen zu erwarten, der Mitautor des Sammelbandes von Carsten Linnemann/Winfried BausbackDer politische Islam gehört nicht zu Deutschland“ gewesen ist und zwar gemeinsam mit Boris Palmer, Ruud Koopmans, Ahmad Mansour, Christine Schirrmacher, Necla Kelek … .

Screenshot vom Cover des Buches „Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland“.

Screenshot vom Cover des Buches „Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland“.

Was ist von einem Antisemitismusbeauftragten zu erwarten, der gemeinsam mit einer Evangelikalen (Christine Schirrmacher), einem Rassisten (Boris Palmer) und einer Terf (Necla Kelek von TdF (D)) an diesem Buch beteiligt war?

Was ist von einem Antisemitismusbeauftragten zu erwarten, der in einem Interview mit Info3, einem anthroposophischen Verlag, erklärte: „Eine Anthroposophie in der Defensive wäre ein Verlust“? [1]

Screenshot von info3 und dem genannten Interview. Darunter ein Foto von Michael Blume, der lächelnd in die Kamera blickt.

Screenshot von info3 und dem genannten Interview. Darunter ein Foto von Michael Blume, der lächelnd in die Kamera blickt.

Das Interview ist in der Februarausgabe 2021 der Zeitschrift info3 erschienen.

Zu einem Zeitpunkt als unter dem Label „Querdenken“ schon seit Monaten Anthroposoph*innen, Esoteriker*innen, Holocaustleugner*innen, Reichsbürger*innen, Impfgegner*innen, Rechte, Nazis und christliche Fundis gegen jegliche Maßnahmen zum Schutz vor Corona demonstrierten und das auch mit antisemitischer Symbolik, während die TN durch Vergleiche mit der NS-Zeit den Holocaust relativierten.

Und nein, es geht nicht um „Kontaktschuld“, wie in solchen Fällen immer wieder gerne vorgeworfen wird.

Es ist nur so, dass jeder Mensch sich auch damit auseinandersetzen muss mit wem xier gemeinsame Sache macht. Ob unbewußt oder absichtlich spielt in diesem Kontext erst mal keine Rolle. Auch daran sollte ein Mensch gemessen werden.

Und nein, es geht hier nicht um Diffamierung eines Religionswissenschaftlers, sondern um berechtigte Kritik, die auch die von ihm vermittelten Inhalte betrifft.

So scheint es uns, als ob Blume gerne Nebenschauplätze eröffnet, statt schonungslos Antisemitismus zu zeigen, wo dieser beginnt, wohnt und wie er sich tarnt, schon in den Ansätzen.

Diese Nebenschauplätze haben eine nicht zu unterschätzende Funktion, lenken diese doch vom Wesentlichen ab und das ist sehr angenehm für die bürgerliche Mitte, deren Schoß noch immer fruchtbar ist.

Am Beispiel vom Höhlengleichnis von Platon wird das deutlich. Der griechische Philosoph lebte vor weit mehr als 2.000 Jahren, also zwischen 427 bis 347 v.u.Z.

Das Gleichnis führt die Leser*innen in die Vergangenheit zurück und es ist nicht hilfreich, um aktuelle Verschwörungsideologien erkennen und verstehen zu können.

Das Gleichnis und die Auseinandersetzung damit geben allerdings keine Antwort auf die Fragen nach den Anfängen von „Geschwurbel“ und den unterstützenden Faktoren.

Statt genau dort hin zu schauen, ins jetzt, ganz konkret, schaut Blume zurück zu Platon. Via Twitter schrieb er folgendes:

„In Platons Höhlengleichnis sind gleichwohl täuschende „Gaukler“ vorgesehen. Ich halte den #Platonismus für sehr anfällig ggü. #Gnosis, #Esoterik und #Verschwörungsmythen (so auch im gleichnamigen Buch). [2]

 

Viele Menschen haben allerdings nicht das Geld, um sich sein Buch zu kaufen und nicht die Zeit oder das Interesse dieses oder ein anderes zu lesen, sondern wollen Aktuelles, Konkretes und Praktisches im Hier und Jetzt erfahren.

Blume macht z.B. Platon und Heidegger für Verschwörungsideologie bzw. Verschwörungsmythen verantwortlich und wir frage uns, was das mit den aktuellen Zuständen zu tun haben soll? Wie kann z.B. uns das Wissen über Platon und Heidegger helfen, während in „unserer“ Stadt CoroNazis mittlerweile in nicht unerheblicher Zahl mindestens zweimal wöchentlich demonstrieren?

Mittlerweile demonstrieren dort Bürger*innen gemeinsam mit dieBasis, mit der NPD und dem III. Weg.

Zu wissen was Platon schrieb und Blume dieses wiederum interpretiert und die Überprüfung dessen, rauben uns die Zeit und helfen uns genausowenig wie die Auseinandersetzung mit Sokrates, Aristoteles oder Thales von Milet.

Auf die ganz konkrete Frage „Warum ballt sich gerade im Südwesten der Protest der sogenannten Querdenker?“ antwortete Blume 2020 folgendes: „Knapp gesagt, trifft hier süddeutscher Platonismus auf norddeutschen Zentralismus. (…)

Im Interview selbst, nachzulesen hier macht er u.a. auch die Digitalisierung für den Antisemitismus verantwortlich.

Ein weiterer Nebenschauplatz, also etwas das ablenkt, ist im 1. Bericht des Beauftragten der Landesregierung Baden-Württemberg gegen Antisemitismus 2019 zu entdecken.

Hier steht auf S. 62 folgendes:

„Wenn wir den Antisemitismus global und glaubwürdig bekämpfen, für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einstehen wollen, dann muss dies auch stärkere Anstrengungen für die Wende zu erneuerbaren Energien und die Dekarbonisierung bedeuten. Die Verfeuerung fossiler Rohstoffe vergiftet nicht nur Umwelt und Klima, sondern verformt auch Gesellschaften, Staaten und religiöse Lehren ins Autoritäre.
Gleichzeitig droht schon die Ausweitung neuer Abhängigkeiten etwa bei Seltenen Erden oder Coltan. Zwar gehören Energie-, Umwelt-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik nicht zum Gestaltungsbereich des Beauftragten gegen Antisemitismus.
Aber es steht ihm zu, auf die große Bedeutung dieser Themen hinzuweisen und für mehr „vernetztes Denken“ in Politik und Gesellschaft zu werben.“ [3]

Und wieder wird vom Wesentlichen abgelenkt. Denn Antisemitismus bzw. Antijudaismus existierten schon als Menschen Seltene Erden oder Coltan noch gar nicht kannten.

Schon im 9. Jahrhundert grenzten Christ*innen Jüdinnen*Juden aus. Selbst Luther, der immer noch sehr verehrt wird, war ein Antisemit. [4]

Und wieder gibt es nichts Konkretes. Und wieder sind wir woanders. Dieses mal bei „Umwelt und Klima durch die Verfeuerung fossiler Rohstoffe“. Doch bitte schön, was hat das mit Antisemitismus zu tun?

Alleine diese Frage formulieren zu müssen und sich mit seinen Äußerungen zu befassen, lenken schon wieder vom Wesentlichen ab.

Nämlich von dem was aktuell geschieht: Zunahme von Antisemitismus, Zunahme von Gewalt und Angriffen, Zunahme der Gefahren für Jüdinnen*Juden, Zunahme von Antisemitismus an deutschen Schulen … und das muss beantwortet werden und zwar ganz schnell.

Alleine die „Alpenraum-Medien-These“ oder „die Hinterwälder-These“, wie Blume sie auch nennt, lässt den Verfasser*innen dieses Threads die Haare zu Berge stehen. Ja, Berge, denn die sind schuld, schuld an einer niedrigeren Impfquote, so Blume.

Nachzulesen ist diese These hier

Nur leider sieht Blume nicht, dass Impfgegner*innen und Querdenken, also CoroNazis, nicht ausschließlich aufs Gebirge beschränkt sind, sondern wüteten in Berlin, wurden vom III. Weg in Olpe angeführt, krakeelten im mittelhessischen Wetzlar, in Gießen, in Herborn … und und und.

Und da waren wahrlich keine Alpen.

Wie schrieb Debora Antmann in Missy-Magazine am 22.08.2019 in: „Wenn Leute keine Ahnung haben und trotzdem labern“ und die über den Antisemitismusbericht Ba-Wü 2019 sehr gelacht hat.

„In diesem Sinne: Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten und zuhören!“ [5]

Ergänzung vom 05.03.2022:

Die Sprache des Rassismus beherrscht er übrigens auch.

Bild

[Quelle]

Der Antisemitismus-Beauftragte und die Anthroposophie

Ergänzung vom 03.07.2022

Im Blog Spektrum.de SciLogs bezeichnet sich Blume als Pro Choice und gleichzeitig als Pro Life. Der Text trägt den Titel: „Abtreibung: Bin #ProChoice weil ich monistisch, religiös und rechtlich #ProLife bin„.

Nachzulesen auch via Twitter:

Auffallend auch sein Anti-Kommunismus-Tweet am 9.6.2022