Eine transfeindliche Kampagne

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Ein Beitrag über eine CN/TW: transfeindliche Kampagne

Am 01.06.2022 erschien in der Welt ein transfeindlicher Artikel. Angekündigt wurde dieser via Twitter folgendermaßen: „Wie ARD und ZDF unsere Kinder sexualisieren und umerziehen“.

Screenshot eines Tweets vom 1. Juni 2022 10.02 vorm. Von Welt „Wie ARD und ZDF unsere Kinder sexualisieren und umerziehen inkl. Link“ Darunter ein Foto von die Maus neben einer Pride-Fahne mit dem Trans-Symbol bestehend aus einem Ring mit Kreuz, Ring mit Pfeil und einer Kombination aus beiden auf der dritten Seite des Rings.

Die Überschrift wurde mittlerweile korrigiert und lautet jetzt: „Wie ARD und ZDF unsere Kinder indoktrinieren“, versehen mit dem Datum vom 02.06. [1]

An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass die Bezeichnung „Umerziehung“ ab den 1960er Jahren vor allem von den Vordenkern der sog. „neuen“ Rechten verwendet wurde.
Mehr dazu im Diskursatlas

Da es im Artikel um „Sexualisierung von Kindern“ geht, gilt es zu berücksichtigen, dass dieser Aspekt bereits in den 1920er Jahren „rassenhygienisch diskutiert“ wurde.
Mehr dazu im Diskursatlas

Über den Artikel und die Gastautor*innen, die diesen trans- und damit menschenverachtenden Text verfasst hatten, wurde bereits sehr viel gesagt. U.a. hier

Doch etwas fehlte. Denn dieser Artikel erschien am selben Tag an dem der transfeindliche Aufruf „Schluss mit der Falschberichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks!“ auf der Webseite von Eva Engelken erschienen ist.

Dies geschah nicht zufällig, sondern war der Beginn einer sehr widerlichen und verabscheuungswürdigen Kampagne und das ausgerechnet am 1. Tag des Pride Month.

Diese Kampagne und insbesondere der Aufruf haben das geschafft, was Demo für Alle nicht geschafft hat. Demo für Alle kam nämlich nie aus der rechten Schmuddelecke heraus und konnte zum Glück ebenso wenig in der Mitte™ andocken oder ankommen.

Mit dieser Kampagne und dem Aufruf ist es allerdings anders. Denn die Initiator*innen und Unterstützer*innen haben sich die „Wissenschaft und die Medizin“ auf ihre [schmutzigen] Fahnen geschrieben, können so Seriosität vorgaukeln und können im Namen der Wissenschaft da anknüpfen, wo Demo für Alle nichts bewirkt hat.

Nachgelesen werden kann der Aufruf hier

Aufgefallen sind unter den „Initiator*innen und Erstunterzeichner*innen und andere Disziplinen“ des Aufrufs 28 Mitstreiter*innen des rechten und rassistischen Netzwerks Wissenschaftsfreiheit. Das hier sind sie

1. Prof. Dr. Uwe Steinhoff, Professor und Head am Department of Politics and Public Administration der Universität Hongkong 2. Prof. Axel Meyer, PhD, Evolutionsbiologe an der Universität Konstanz 3. Dr. Sandra Kostner, Soziologin, Stuttgart 4. Prof. Dr. med. Aglaja Valentina Stirn, Professorin für Psychosomatische Medizin und Sexualmedizin, Universität, Kiel 5. Prof. Dr. Dipl.-Psych. Jorge Ponseti, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel 6. Prof. Dr. rer. nat. Klaus-Dieter Rosenbaum, Biophysiker, Universität Greifswald 7. Prof. Dr. Max von Tilzer, Aquatische Ökologie, Universität Konstanz 8. Prof. Dr. Felix Plamper, Institut für Physikalische Chemie, TU Bergakademie Freiberg 9. Dr. rer. nat. habil. Jürgen Lampe, Informatiker und IT-Berater, Frankfurt 10. Prof. Dr. Jörg Matysik, Analytische Chemie, Universität Leipzig 11. Prof. Dr. Ernst-Erich Doberkat, Informatiker, TU Dortmund 12. Prof. Dr. Bernd Bohrmann, Biologe, Hoffmann LaRoche 13. Prof.Dr. Siegfried Scherer, Technische Univ

18. Prof. Dr. Paul G. Layer, Technische Universität Darmstadt, Entwicklungsbiologie & Neurogenetik, Darmstadt 19. Prof. Dr. Marion Felder, Hochschullehrerin Erziehungswissenschaft, Köln/Koblenz 20. Prof. Georg Meggle, Philosoph, Emeritus der Universität Leipzig / Gast an der American University in Cairo (AUC) 21. Prof. Dr. Peter Bender, Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik, Universität Paderborn 22. Prof. Dr. Bernd Ahrbeck, Psychoanalytische Pädagogik, International Psychoanalytic University Berlin 23. Prof. Dr. Barbara Holland-Cunz, Politikwissenschaftlerin mit Schwerpunkt Politik und Geschlecht, Gießen 24. Prof. Dr. Alan Rendall, Mathematiker, Universität Mainz 25. Prof. Dr. Inken Prohl, Professorin für Religionswissenschaft, Universität Heidelberg 26. Dr. Thomas Sukopp, Philosoph, Universität Siegen 27. Dr. Christian Mézes, Abteilung Physik, Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd 28. Dr. Carsten Grötzinger, Molekularbiologe und Krebsforscher an der Charité – Univ

Darunter z.B. der christliche Fundi und Kreationist Siegfried Scherer, der u.a. für GEO den Artikel verfasst hat „Kreationismus: „Kein Grund zur Sorge“. [2] Er gilt als „einflussreicher Wortführer der Kreationisten“.

Darunter auch der Mitautor des Welt-Artikels Prof. Dr. Uwe Steinhoff. Er schreibt u.a. für den Cicero und beschreibt in seinen Artikeln u.a. transgender als Ideologie, die totalitär und frauenfeindlich“ ist. [3]

Der Professor hat auch einen Twitter-Account und folgt mit diesem z.B. Norbert Bolz, Ali Utlu, Philip Plickert, Julian Reichelt, TheRepublic, Antje Hildebrandt oder Rebecca Schönenbach von den rechten Frauen für Freiheit.

Von diesen Personen erhält der „Wissenschaftler“ einen Teil seines Inputs und das spricht nicht für ihn, weder für ihn als Wissenschaftler, noch für ihn als Mensch.

Auffallend sind auch die zahlreichen Ärzt*innen, Psychotherapeut*innen und Psycholog*innen, die diesen Aufruf unterstützen. Alleine 43 aus diesen Berufsbereichen gehören zu den Erstunterzeichner*innen.

Unter der Rubrik „Andere Disziplinen“ sind auch Anna Weber und Beate Melzer von „Transteens Sorgeberechtigt“ Köln, Düsseldorf.

Die Webseite von transteens-sorge-berechtigt.net hat den Artikel „Wie die Medien unsere Kinder sexualisieren und umerziehen“ weiterverbreitet und das als „Faktencheck“. [4]

Screenshot von der Webseite Transteens Sorge berechtigt „Wie die Medien unsere Kinder sexualisieren und umerziehen“. Der Screenshot belegt die Angaben im Thread.

Und spätestens jetzt wird der Kampagnencharakter noch deutlicher. Denn am 01.06.2022 erschien auch das 50-seitige Dossier „Ideologie statt Biologie im ÖRR“. Verfasst wurde es von den Gastautor*innen des Welt-Artikels und von Eva Engelken ins Netz gestellt.

Nachgelesen werden kann das Dossier hier

Einleitung des 50seitigen Dossiers. Die Verlinkung zum Lesen wurde im Thread angegeben.

Verantwortlich für die Webseite der Interessengemeinschaft TransTeens Sorge berechtigt ist David Allison, der „sich bei den Grünen auf einem „Frauenplatz“ [bewarb], um die Absurdität der Trans-Politik seiner Partei deutlich zu machen“.

Mit Freude berichtete die EMMA über diesen ‚Coup‘ und Allison, der daraufhin entlassen und mit sofortiger Wirkung freigestellt wurde und dabei erdreistete sich die EMMA den Leser*innen mitzuteilen was sich bei einer namentlich genannten trans Frau im Schritt befindet. [5]

Und gewährte damit einen Blick auf die Intimzone der betroffenen und angefeindeten Frau. Menschenverachtender und übergriffiger geht es kaum.

Verfasst wurde dieser widerliche Schmutz bei EMMA von Chantal Louis, die gemeinsam mit Alice Schwarzer das Buch „Trans Sexualität Was ist eine Frau? Was ist ein Mann? Eine Streitschrift“ verfasst hatte. [6]

Zu sehen ist das Cover vom Buch von Hrsg. Alice Schwarzer und Chantal Louise „Trans Sexualität Was ist eine Frau? Was ist ein Mann? Eine Streitschrift“ Daneben steht: Das Buch zur Debatte Das Buch für 15 Euro Plus 2 EMMAs gratis.

Zurück zum Aufruf, der auch in diesem Kontext gesehen werden muss. Unterstützt/unterzeichnet wird der Aufruf auch von der Sprecherin der LGB Alliance Martina Haardt.

Die LGB Alliance vertritt die Ansicht, dass die „Selbstbestimmung von trans Personen Fremdbestimmung für alle anderen ist“. Wow. Hier werden die unveräußerlichen Rechte für einen Teil der Bevölkerung einfach mal so ratz fatz vor den Bus geworfen.

Auf dem Bild ist eine Ampel vor einem dunklen Himmel zu sehen. Teilweise rötliche Wolken. In weißer Schrift ist zu lesen: „Selbstbestimmung für Transpersonen ist Fremdbestimmung für alle Anderen.“ (Alles in Großschrift) Zusätzlich steht da noch: auszüge aus unserer Stellungnahme zum Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP LGB Alliance“

Und ehrlich gesagt, wenn Person A. aus M. als trans Frau oder Mann ein selbstbestimmtes Leben führen will, nimmt die cisgeschlechtliche Person B. aus G. dadurch keinen Schaden und ihre Rechte verliert sie auch nicht.

Zu den Erstunterzeichner*innen des Aufrufs gehört auch Axel Meyer vom rechten und rassistischen Netzwerk Wissenschaftsfreiheit.

Er ist Evolutionsbiologe an der Universität Konstanz. Für ihn „ist die Identität der Geschlechter – also auch Interessen oder Sozialverhalten – maßgeblich in der Biologie begründet.“

Er „hält auch Theorien für falsch, die dafür fast ausschließlich die Kultur und gesellschaftliche Normen verantwortlich machen“. Auch „Gleichmacherei“ aus „political correctness“ lehnt er ab. [7]

Aus diesen und vermutlich vielen weiteren Gründen hat er 2020 den rechten Appell für freie Debattenräume unterzeichnet, wo er gemeinsame Sache machte mit Gunnar Kaiser, Rainer Meyer („Don Alphonso), Hubertus Knabe, Carlos A. Gebauer, Norbert Bolz und z.B. Sucharit Bhakdi. [8]

2016 fungierte Meyer übrigens auch als Referent für ein Symposium von Demo für Alle in Stuttgart.

Er unterzeichnete ebenfalls die antifeministische Frankfurter Erklärung und ist Mitglied der Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften und der berlin-brandenburgische Akademie der Wissenschaften, [9] dessen „akademischer und beruflicher Werdegang“ ihn u.a. auch zur Harvard University führte. [10]

Prof. Axel Meyer ist also einer jener honorigen Männer und Frauen aus der Wissenschaft, die im Namen der Wissenschaft dazu beitragen Hassgefühle und Ablehnung gegen trans Personen zu erzeugen und zu verstärken. Das ist brandgefährlich.

Denn konstante Debatten, d.h. die permanente Wiederholung von Unwahrheiten, von Hetze, unablässiges Sticheln und verbale Angriffe gegen Menschen, in diesem Fall trans Menschen, führen zur Ausgrenzung, zur Diskriminierung und enden früher oder später in Gewalt.

Transfeindlichkeit in Deutschland: Zahl der Gewaltvorfälle steigt

Es ist erkennbar, dass vermeintliche „Wissenschaft“ zum Einsatz kommt, um genau das zu erzeugen. Doch wenn ich das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit oder die 28 Mitstreiter*innen dafür kritisiere, dann legen sie es als einen Angriff auf die Freiheit der Wissenschaft aus.

Gleichzeitig ist es der Kampagne gelungen allgemeine und offensichtlich Linke für sich gewinnen zu können, die sich jetzt auf „Wie auch Wissenschaftler kritisieren, (…)“ beziehen können. twitter.com/Autonomie_Mag/

Ein Auszug aus einem Thread vom Autonomie Magazin: „Sondern bürgerlich Politik: die Queerideologie läuft letztlich auf die Liquidation des Feminismus hinaus. Wie auch Wissenschaftler kritisieren sind feministische Errungenschaften und Schutzräume für Frauen bedroht, wenn Geschlechter negiert oder per Sprechakt definierbar werden.“

P.S. Der Aufruf wurde übrigens auch von der rechten Antifeministin Birgit Kelle, der Abtreibungsgegnerin Cornelia Kaminiski, dem Pressesprecher der AfD-Fraktion Baden-Württemberg Dr. Thomas Hartung, Stuttgart, dem Antifeministen Tom Todd, dem extrem rechten Ehrenpräsident des Deutschen Lehrerverbandes Josef Kraus, der Terf Birgit Ebel, … unterzeichnet/unterstützt.

Die aktuelle Fassung mit mittlerweile 683 zusätzlichen Unterstützer*innen kann hier gelesen werden