Netzwerk Wissenschaftsfreiheit – Teil 2

Teil 1

Teil 2 steht auch im Archiv zur Verfügung

In diesem zweiten Teil geht es um Inhalte, die das Netzwerk aber auch einzelne Mitstreiter*innen verbreiten.

Beginnen möchte ich mit Philipp Bagus und seiner Stellungnahme für den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (Ausschussdrucksache 20(17)31 ohne Datum. In dieser Stellungnahme unterscheidet er zwischen „was als echtes Menschenrecht gelten kann und was nicht.“ [1]

Und weiter: „Die Anzahl der angeblichen Menschenrechte erlebt eine Inflation (Bagus 2008).“ Dann vergleicht er als „Menschenrechte“ das „Eigentumsrecht“ mit dem „Recht auf freie Meinungsäußerung“ und kommt zu dem Schluss:

„Das grundlegende und echte Menschenrecht ist das Eigentumsrecht, das universell gilt.

Aber das ist noch der vergleichsweise harmlose Teil. Denn dann wird es Schwurblig. Zitat: „Bei den Menschenrechtsverletzungen darf auch vor der eigenen Haustür gekehrt werden. In den Jahren 2020-2022 wurden Millionen von unschuldigen Menschen gegen ihren Willen festgehalten und eingesperrt. 2 Millionen Menschen wurden genötigt, Impfstoffe zu testen. Die körperliche Unversehrtheit wurde durch einen Impfzwang für gewisse Beruf verletzt.

Anmerkung: Er bezieht sich auf die Corona-Pandemie, die Maßnahmen zum Schutz vor Corona und die Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen.

Und weiter: „Die Subventionen und Wettbewerbsbeschränkungen stellen Eigentums- und damit Menschenrechtsverletzungen dar.“ Auch Antikommunismus darf in seinen Ausführungen nicht fehlen. Dann kommt er zu dem Schluss, dass die Einschränkung von Wettbewerb eine Menschenrechtsverletzung darstellt.

Kein Wort vom Recht auf Leben ohne rassistische/queerfeindliche/misogyne Angriffe/Gewalt, kein Wort vom Recht auf Asyl, kein Wort vom Recht auf Wohnen und Nahrung, kein Wort vom Recht auf Teilhabe … diese Menschenrechte scheint er nicht zu kennen.

Denn er vertritt die Ansicht Sozialismus zerstöre das Gemeinwesen. So lautete nämlich sein Vortrag für das Ludwig von Mises Institut 2021. [2] Als Unterstützer von #allesaufdentisch ist es nur logisch, dass die Verordnungen zum Schutz vor Corona zur Menschenrechtsverletzung verkommen.

Unter dem Namen bloodnacid schreibt Cornelius Court vom Netzwerk bei X (vormals Twitter) und bei scienceblogs. Hier veröffentlicht er Texte in denen er Wissenschaftler*innen den Vorwurf macht

Zitat: „nahezu unverhohlenen Versuch macht, woke, postmodernistische, anti-westliche Ideologie in die universitäre Lehre forensischer Wissenschaften einzuführen.“

Court ist nämlich Professor für Forensische Molekulargenetik. Doch auch zu politischen Entwicklungen im In- und außereuropäischen Ausland hat er eine Meinung, die er kund tut.

Für die Wahl von Donald Trump macht er nämlich nicht die Wähler*innen verantwortlich, sondern sieht dies als Gegenreaktion „gegen die damals in den USA bereits grassierende und als  übergriffig, bevormundend und in ihren Verfemungsreflexen als extrem anmaßend empfundene woke Ideologie, die von der Wählerschaft vor allem mit den Demokraten in Verbindung gebracht wurde, (…).“ [3]

Kurz und knapp zusammengefasst: Verantwortlich waren nicht weiße Evangelikale, die Trump gewählt hatten, nicht Alt Right, nicht die Neofaschist*innen und ebenso wenig „Amerikas Gotteskrieger“.

Nein, es waren die Anderen. Die, die sich für ein besseres Leben für Alle einsetzen, die, die sich gegen Rassismus engagieren, die, die nicht Trump wählten und eine demokratische Gesellschaft anstreben. [4]

Und die 10%, die die AfD im September 2021 wählten, sind in seinen Augen auch nicht rechtsextrem. Nein, auch in Deutschland sind die Anderen das Problem, die „Woken“, die für Transrechte, für queere Rechte streiten, die Antirassist*innen, all die Menschen, die sich für ein besseres Leben ohne Diskriminierung und Ausbeutung für Alle einsetzen.

Der Text kann hier nachgelesen werden.

Aber Court ist kein Einzelfall im Netzwerk. Auch Maria-Sibylla Lotter vom Netzwerk vertritt die Ansicht die „AfD soll nicht verteufelt werden“. Sie solle zwar nicht unterschätzt werden, doch auch nicht dämonisiert, stattdessen mit Worten bekämpft werden und die Demonstrationen gegen die AfD gingen zu weit. [6]

Das hat sie ausführlich in einem Interview mit dem Deutschlandfunk im Februar 2024 dargelegt. [5] Kurz und knapp zusammengefasst: Während die AfD Deportationen von Millionen Menschen anstrebt und die JA Internierungs-/Arbeitslager für Jüdinnen*Juden und Migrant*innen wünscht, [06] sollen diese faschistischen Täter*innen/Attentäter*innen, der parlamentarische Arm des Rechtsterrorismus, mit Worten bekämpft werden. Möglichst ohne „moralischen und politischen Vorbehalt“ wie im Manifest des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit zu lesen ist. [7]

Bisher hat sich das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit und damit sind die Mitstreiter*innen, die dem Netzwerk angehören in der Verantwortung, u.a. mit der transfeindlichen Philosophin Kathleen Stock solidarisiert, [8] hat sich gegen die Einführung gegenderter Sprache an Universitäten öffentlich ausgesprochen.

Niemand dürfe eine „geschlechterinklusiv deklarierte Sprachform aufgenötigt“ werden, veröffentlichte das Netzwerk im Rahmen einer Pressemitteilung vom 25.06.2021.

Was darauf hinausläuft, dass sich das Netzwerk für diejenigen einsetzt, die Geschlechter exkludieren und ausschließlich das generische Maskulinum präferieren.

Das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit und damit alle, die sich dem Netzwerk angeschlossen haben, haben sich im Januar 2023 mit Hans-Georg Maaßen solidarisiert als der Beck-Verlag, die Zusammenarbeit aufkündigte. [9]

Zu diesem Zeitpunkt war Hans-Georg Maaßen Vorsitzender der WerteUnion und es war längst erkennbar wie weit rechts Maaßen verortet werden kann.

Als die Hayek-Gesellschaft das Forum Freiheit 2023 veranstaltete, hatte die Hayek-Gesellschaft zahlreiche Austritte öffentlichkeitswirksam erfahren. Da war die Rede „vom Mistbeet der AfD“ oder vom „völkisch-nationalistischen Sumpf“.

Als Dieter Schönecker vom Netzwerk Wissenschaftsfreiheit für Panel III „Moral als Keule“ über „Wokismus“, Cancel Culture, quotierte Gesellschaft“ diskutierte und das gemeinsam mit der rechten Abtreibungsgegnerin Birgit Kelle, mit Ralf Schuler vom Pleiteticker und NIUS, mit Thilo Sarrazin, dessen rassistische Thesen bekannt sind, und mit Markus Krall, der Menschen, die soziale Leistungen erhalten, gerne das Wahlrecht entziehen würde, waren deren Einstellungen bekannt.

[10]

Stattdessen schrieb das NetzwerkW via X im November 2023: „Wissenschaftsfreiheit ist anscheinend schwer zu verstehen. Unter Mitglied verteidigt standhaft die Wissenschaftsfreiheit der Gender Studies“.

Wer ein bisschen in die entstandene „Diskussion“ hinein gehört hat, fühlte sich erinnert an einen jugendlichen Debattierklub. Nichts destotrotz müssen die Vertreter*innen dieser Diskussion und auch das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit ernst genommen werden, weil von ihnen Gefahr ausgeht.

Aber nicht nur vom Netzwerk und rechten/rassistischen Propagandist*innen wie Kelle, Krall, Sarrazin oder Schuler geht die Gefahr aus, sondern auch von deren Unterstützer*innen, wie z.B. Thomas Thiel, der für die FAZ einen Artikel verfasste, der am 06.02.2024 veröffentlicht wurde.

Wissenschaft Am Freitag verlieh das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit Bernhard kempen, der bis vergangenes Jahr Präsident des deutschen Hochschullehrerverbandes war, den erstmals gestifteten Preis für Wissenschaftsfreiheit. (…) Die Grenze setze in beiden Fällen das Strafrecht. Diese Grenze wurde in den vergangenen Jahren vielfach überschritten: durch Mobs, die wissenschaftler auf brüchiger Faktenbasis als Unmenschen diffamierten. (…)

Das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit hatte Bernhard Kempen, der bis 2023 Präsident des deutschen Hochschulverbandes gewesen ist, den Preis für die Wissenschaftsfreiheit verliehen und Thiel zitierte bezüglich der Teilnahme von Ulrich Vosgerau an der sog. „Deportationskonferenz“ Sandra Kostner, die Vorsitzende des Netzwerks, mit den Worten: „eine einzelne Person sei nicht repräsentativ für einen Verein mit mehreren Hundert Mitgliedern. Angesichts der Tatsache, dass Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit von „links“ wie von „rechts“ dokumentiert werden, ist die Verdächtigung tatsächlich weit hergeholt.[11]

Tatsächlich wurde jedoch nur ein einziges Mal ein Angriff gegen eine schwarze Wissenschaftlerin vom NetzwerkW dokumentiert. Dabei handelte es sich um Tillschneider von der AfD, der gegen die Professorin für Diversity Studies an der Hochschule Magdeburg-Stendal Maisha-Maureen Auma gehetzt hatte.

Er wollte die Wissenschaftlerin Auma in „ihre Schranken weisen“.

Nachdem Maisha-Maureen Auma, Professorin für Diversity Studies an der Hochschule Magdeburg-Stendal, in einem Interview den aus ihrer Sicht strukturellen Rassismus an deutschen Hochschulen kritisiert (deutsche Universitäten seien „weiße Institutionen“, Rassismus und Sexismus seien „nach wie vor sehr wirksam“), veröffentlicht Dr. Hans-Thomas Tillschneider, Fraktionssprecher der AfD-Fraktion Sachsen-Anhalt für Bildung, Wissenschaft und Kultur, eine Presseerklärung, in der er fordert, Auma als Wissenschaftlerin „in ihre Schranken zu verweisen“, Aumas Thesen müsse „der deutsche Steuerzahler nicht finanzieren.“ (2021)

[12]

Ansonsten hat das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit ausschließlich Rechte, transfeindliche Personen, rassistische Äußerungen verteidigt. Darunter z.B. auch Egon Flaig, Susanne Schröter, Marie-Luise Vollbrecht und z.B. auch Kathleen Stock.

In der hauseigenen „Dokumentation“ findet sich auch ein Abschnitt über die Universitätsbibliothek Freiburg, die die Schriften, die das Netzwerk als Werke bezeichnet, von Martin Lichtmesz, Jean Raspail und Caroline Sommerfeld mit einem Vermerk versehen hat.

Die Universitätsbibliothek Freiburg versieht Teile „rechter“ Literatur, unter anderem die Werke von Martin Lichtmesz, Jean Raspails „Heerlager der Heiligen“ in deutscher Übersetzung und „Mit Linken leben“ von Lichtmesz und Caronline Sommerfeld, mit dem Vermerk: „Sekretiert: Benutzung nur im Sonderlesesaal zu wissenschaftlichen Zwecken“. Auf Nachfrage teilt die Bibliothek mit, dass sie diese Werke als potentiell volksverhetzend betrachtet, und befürchtet, sich strafbar zu machen, wenn sie allgemein zugänglich wären. Die Bücher sind allerdings im Buchhandel frei verfügbar, und die Bibliothek wendet beispielsweise auf die Werke von Josef Stalin oder Sayid Qutb nicht dieselben Regeln an. Diese kann man ganz normal ausleihen. (2021

[13]

Es wird kritisiert, dass Werke von Stalin oder Sayid Qutb nicht denselben Regeln unterliegen.

Als der Deutsche Bundestag am 22.10.2022 den Straftatbestand der Volksverhetzung verschärfte, dokumentierte das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit die Verschärfung mit folgenden Worten:

Mit der Einengung der Meinungsfreiheit geht auch eine Einengung von Freiheit von Forschung und Lehre einher. (2022)“

Der gesamte Abschnitt und damit der gesamte Kontext kann im Screenshot nachgelesen werden.

Das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit setzt sich also nicht für die „Freiheit der Wissenschaft“ ein, sondern für eine Wissenschaft, die exkludiert, die ihren verankerten Rassismus nicht in Frage stellt, ebenso wenig Queerfeindlichkeit, Antifeminismus, Misogynie, Klassismus, Behindertenfeindlichkeit und die den (Post-)Kolonialismus überwinden will.

Interessant ist ein Text im Blog des Netzwerks von Robert Wagner mit der Überschrift: „Die Angst ist zurück“. Nachzulesen hier.

Der Professor für Internationales Management, Nordhausen, schreibt u.a. über freiwilliges (social media) und institutionalisiertes Denunziantentum, das Angst hervorruft.

Der Begriff der Denunziation meint das Erstatten einer (Straf-)Anzeige aus persönlichen und niedrigen Beweggründen, laut Wikipedia. [14] Dabei vergleicht er Deutschland im Jahr 2022 mit der DDR bzw. der Stasi.

Ausführlich beschreibt er den vermeintlichen Zwang gegenderte Sprache zu verwenden und erklärt wissenschaftliche Experimente, die beweisen sollen, dass Menschen unter gewissen Bedingungen entgegen der eigenen Einstellungen handeln.

Und kommt zu diesem Schluss:

Doch was in diesem Zusammenhang notwendig ist zu sagen: Wissenschaft bzw. Wissenschaftler*innen tragen eine Verantwortung, der sie gerecht werden müssen! Wissenschaft bzw. Wissenschaftler*innen ohne Moral sind zu allem fähig!

Das rechte und rassistische Netzwerk Wissenschaftsfreiheit hat sich entschieden diesen (un)rechten Weg zu gehen. Damit muss Schluss sein!

#Alerta

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