Warum Evangelikale und christliche Fundis gefährlich sind

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Wenn Sie erfahren wollen warum Evangelikale und christliche Fundis brandgefährlich für eine demokratische, emanzipatorische, diverse Gesellschaft sind, lesen Sie diesen Schnelldurchlauf und z.B. das noch

In den Familien von Evangelikalen/christlichen Fundis und ebenso in ihren Gemeinden besteht ein unablässiger Druck sich gottgefällig zu verhalten und zwar in jedem Moment der Lebenszeit.

Es gibt zahlreiche Bücher und Publikationen zum Thema „gottgefälliges Leben“. Doch wie sieht dieses „gottgefällige Leben“ überhaupt aus?

Dreh- und Angelpunkt für ein gottgefälliges Leben ist dabei die Bibel als „Gebrauchsanweisung[1] – diese wird wortwörtlich ausgelegt – oder wie die Initiative Pontifex schreibt die „Durchdringung aller Lebensbereiche und Lebenssituationen mit dem Evangelium“. [2]

Arne Schäfer verpackte es 2016 in drei Worte: „Ordnung – Keuschheit – Mission“. [3]

„Wichtige Erziehungsziele der Evangelikalen sind Ehrfurcht vor Gott, eine gottgefällige Lebensführung in der Nachfolge Christi, Keuschheit, Sittlichkeit und Engagement in der Gemeinde. Die Gemeinde sorgt mit ihren vielfältigen Angeboten und Gelegenheitsstrukturen für eine Bestätigung der internalisierten Deutungsmuster und hält für den Einzelnen „ein kommunikatives Netzwerk zur Bestärkung seines Glaubens und seiner Weltdeutung bereit“ (Pollack/Rosta 2015: 433). In einigen Gemeinden wird bei bestimmten Vergehen oder Verfehlungen der Mitglieder die Gemeindezucht durchgeführt: (…)“ 4

Und weiter:

„Auch in Deutschland verfolgen die Evangelikalen neben dem Hauptanliegen der Mission klare politische Ziele (vgl. Guske 2014: 12). So sieht die Lausanner Bewegung – nach der Evangelischen Allianz das wichtigste evangelikale Netzwerk im deutschsprachigen Raum – politische Betätigung und soziales Engagement als Verpflichtung für Christen an. Familien- und Sozialpolitik ist eines der wichtigsten politischen Anliegen (vgl. ebd.: 115).“

Das Menschenbild von Evangelikalen und christlichen Fundis ist binär. In ihrer Welt existieren nur Männer und Frauen, die nicht nur cisgeschlechtlich sondern auch heterosexuell zu sein haben. Frauen haben sich den Männern zu unterwerfen.

Ihr Ideal ist ein patriarchales und das soll sich auf keinen Fall ändern.

Beispiel: Wer wirklich zu einer christlichen Gemeinde des Gospel Forums gehören will, muss an Glaubenstreffen in kleiner Runde teilnehmen, Bibelkurse oder auch Eheseminare besuchen. Das ist ein MUSS.

Eine Aussteigerin berichtet in den Vorbereitungsgesprächen zur bevorstehenden Hochzeit habe der Pastor von ihr, der zukünftigen Ehefrau, verlangt, sie solle sich ihrem Ehemann unterordnen und das auch in sexueller Hinsicht. (Min. 5.24 youtube.com/watch?v=aJma5g).

D.h. sexuelle Kontakte zwischen einem christlichen Ehepaar basieren nicht zwangsläufig auf sexuellem Konsens.

Für den Arbeitskreis Gebet der EAD ist „Sexualität, eine Erfindung Gottes“ mit „himmlischer Dimension“ mit „Gott als Coach?!“.

„Gott als Coach?! Es ist offensichtlich, dass die technologischen Möglichkeiten und die gesellschaftlichen Entwicklungen heute eine große Herausforderung darstellen. Der Konditionierung auf eine Ich-bezogene, porno-geprägte Sexualität können sich auch Christen kaum entziehen. Die sexuellen Erfahrungen bewegen sich deshalb oft mehr im Sumpf als in „himmlischen Gefilden“. Umso mehr brauchen wir eine neue Entschiedenheit, unser Leben auch in diesem Bereich von Gott prägen zu lassen. Ihn dürfen wir als Coach in unsere Sexualität und auch in unserer Schlafzimmer einladen.“

[4]

Zum besseren Verständnis ein Zitat Gaby Wentland (Mission Freedom, Hauptvorstand der EAD): „Vorehelicher Geschlechtsverkehr ist die erste große Sünde vor Gott. Alle, die vorehelichen Geschlechtsverkehr hatten, wurden gesteinigt nach Gottes Gesetz. Gräuelsünden, sagt der Herr. Und bei Homosexualität sagt er, es ist ihm widerlich. Es ist ihm widerlich![5]

Es gibt evangelikale/christliche Fundis (Gruppierungen/Einzelpersonen), die Verhütungsmittel ablehnen und stattdessen natürliche Empfängnisregelung (siehe INER, Institut für natürliche Empfängnisregelung) empfehlen.

Viele lehnen auch die Pille ab, so wie z.B. Johannes Hartl vom Gebetshaus Augsburg, der 2018 bei Facebook eine Debatte ausgelöst hat, die vom damaligen Geschäftsführer der EAD Hartmut Steeb gelobt wurde. [6]

Es muss nicht besonders betont werden, dass Evangelikale und christliche Fundis stets auch Abtreibungsgegner*innen sind.

Die Europäische Evangelische Allianz veröffentlichte 2019 ein Papier zur „LGBT-Debatte“ und bekräftigte erneut „Nur Ehe zwischen Mann und Frau entspricht Gottes Schöpfungsordnung“.

Abgelehnt wurden, und das gilt immer noch, gleichgeschlechtliche Ehen, das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Partnerschaften und dann ist da noch zu lesen Kinder müssten vor „dem Wunsch einer Geschlechtsumwandlung geschützt werden“. [7]

Ein Verbot von Konversionstherapie wurde von der EAD abgelehnt und wird mittlerweile umgangen. Es gibt sogar eine Handreichung für christliche Gemeinden, [8] so dass die „seelsorgerische Behandlung“ den Druck, der auf dem betroffenen Individuum lastet, zusätzlich erhöhen wird.

Es gibt auch evangelikale Gemeinden, die Scheidungen bei kirchlich verheirateten Eheleuten grundsätzlich ablehnen, so wie die Pastorin der International Christian Fellowship (ICF) oder „ICF Church“ Sibylle Beck. Für sie sind Scheidungen keine Option. [9]

ICF existiert mittlerweile weltweit; alleine in Deutschland mit 29 Standorten, darunter z.B. Passau, Mannheim, München und Wetzlar. [10]

Interessanterweise verfügt das ICF auch über Kontakte zu Dr. Johannes Hartl vom Gebetshaus Augsburg. [11]

Zum Gebetshaus Augsburg gehört auch Inka Hammond, die gemeinsam mit Gaby Wentland am 16.10.2020 ein Statement über Donald Trump abgegeben hat, ein sehr wohlwollendes sogar.

Sie hat dies zwar wieder zurückgenommen und das Video gelöscht, [12] doch das Gefährliche an ihren Aussagen waren „vertraute Erzählungen der christlichen Rechten aus den USA (…), die hierzulande zwar langsam doch stetig in den evangelikalen Kurs eingespeist werden“. [13]

Und weiter: „Die Rede ist von der „Nationentheologie“, die im Umfeld evangelikaler Zionisten und der Gebetshausbewegung charismatischer Christen gepflegt wird.

Darin ist immer wieder die Rede davon, dass ein ganzes Land sich „unter die Herrschaft Gottes“ stellen soll, dass man „stellvertretend für ganz Deutschland“ um Vergebung und/oder Segen bitte. (…)

Vielmehr verdankt sich der charismatische Nationengedanke der Idee, man lebe in einer Endzeit, in der sich alle Völker – inklusive der Juden – bekehren müssten, um die Wiederkunft Christi einzuleiten. (…)Nachzulesen hier

Dieses wesentliche Merkmal nämlich die Missionierung inklusive aller Jüdinnen*Juden findet mensch auch bei TOS (Tübinger Offensive Stadtmission) und dem Marsch des Lebens gegründet und organisiert von Jobst und Charlotte Bittner.

Der Marsch des Lebens, bitte nicht verwechseln mit dem Marsch für das Leben der Anti-Choice-Bewegung, versteht sich als Bewegung und veranstaltet „gemeinsam mit Nachkommen deutscher Wehrmachts-, Polizei- und SS-Angehöriger“ (…) „Gedenk- und Versöhnungsmärsche an Orten des Holocaust in Europa und weltweit.[14]

In diesem Jahr finden in Deutschland zahlreiche Märsche rund um Jom haSchoa 2022 statt. Quelle: marschdeslebens.org/jomhaschoa/

In den beiden Screenshots sind sämtliche Termine in Deutschland angegeben. Sie können unter dem im Thread angegebenen Link nachgelesen werden.

Bild

Jobst Bittner, Mitbegründer von TOS, besteht darauf, das Evangelium „ sei ein absoluter Anspruch auf das Leben jedes Menschen“ und er erwartet, dass es „einen Gebetskampf um die Zukunft Israels“ geben wird.

D.h. TOS träumt auch von der Bekehrung sämtlicher Jüdinnen*Juden. Dieser Aspekt kommt noch hinzu. Mehr dazu hier

Insofern können die im Thread aufgeführten Märsche mindestens als judenfeindlich bezeichnet werden. Sie sind also nicht das was sie vorgeben zu sein.
Aber TOS verbunden mit dem Marsch des Lebens missioniert nicht nur, führt nicht nur Dämonenaustreibungen durch oder praktiziert Konversionstherapie, sondern pflegt auch Kontakte zu US-amerikanischen evangelikalen Predigern. [15]

Hier ein Beispiel mit Steve Hill.

„Gehorsam, Dauereinsatz und hohe Spenden“

»Wenn du Vergebung brauchst, dann komm jetzt nach vorn!«, ruft der Prediger auf der Bühne. Links von ihm flackern künstliche Flammen in einem mannshohen siebenarmigen Leuchter. Hinter ihm stehen die Mitglieder der Gemeindeband. Sie schauen ernst, einige blicken auf den Boden. Der Prediger aus den USA, Steve Hill, geht von einer auf die andere Bühnenseite, das Mikrofon fest in seiner Hand. Mit geschlossenen Augen ruft er: »Knie Dich hier vorn hin, komm, komm!« Er sagt das auf Englisch, eine Frau übersetzt. Im Mai 2008 ist der evangelikale Prediger zu Gast in der Zelthalle der freien, charismatischen »TOS Gemeinde Tübingen« (TOS) zu sehen auf einem Mitschnitt der Gottesdienst-Übertragung im Internet. Mit den Fingern der rechten Hand winkt er die Gläubigen zu sich. Die ersten zwängen sich aus den Stuhlreihen und gehen nach vorn. Sie knien sich vor dem Prediger auf den Boden. »Kommt, beeilt Euch, schnell, lasst den Herrn ein wichtiges Werk in Euerm Leben tun.« Innerhalb weniger Minuten ist kaum mehr Platz auf dem Boden vor der Bühne. Mehr als dreißig überwiegend junge Gläubige knien, einige heben den rechten Arm Richtung Decke, andere legen ihren Kopf auf die Knie. Die Band spielt eine Pop-Ballade, eine Frau singt: »I give you my soul.« Steve Hill brüllt: »Beeil dich, du hast noch dreißig Sekunden, zeig Gott, wie ernst es dir ist!« Schließlich spricht die Gemeinde das Gebet des Predigers nach: »Lieber Herr Jesus, bitte vergib mir, wasch mich rein, sei mein Retter!« (…)

[16]

Den Kontakt in die USA sichert seit 2008 ein TOS Gebetsdienst in New York und auch bei den jeweiligen Konferenzen in D waren in der Vergangenheit Prediger aus den USA anwesend.

Darunter z.B. der Pastor der Lifestyle Christianity Church (Watauga, Texas) „Wohlstandsprediger und Glaubensheiler“ Todd White, [17] Dr. Michael Brown, der verstorbene Steve Hill, Gründer der Heartland Family Church im Stadtteil Las Colinas von Irving, Texas, Heidi Baker, bekannt für ihre Prophezeiungen. Sie soll angeblich reale übernatürliche Begegnungen mit Gott gehabt haben. [18]

Hier ein Auszug in deutscher Übersetzung aus Gospel News Network vom 27.09.2021. [19] Da eine Bildbeschreibung nicht möglich ist: gospelnewsnetwork.org/2021/09/27/new

Bild

Heidi Baker hat z.B. gemeinsam mit ihrem Mann Rolland seit 1990 mehr als „7.000 „Buschkirchen“, fünf Bibelschulen und vier Kinderernährungszentren“ in Mosambik gegründet. [20]

Es wird u.a. berichtet, sie habe zwei blinden Bettlern ihr Augenlicht zurückgegeben. In deutscher Übersetzung ein Auszug aus: www1.cbn.com/spirituallife/

Baker, eine zierliche, 46-jährige Blondine, sagte der Menge auf der Encounters Network-Konferenz in Cincinnati, dass diejenigen, die von Gott auf kraftvolle Weise benutzt werden wollen, lernen müssen, Macht abzugeben. Sie sagte: "Gott sagte mir einmal: 'Ich möchte, dass du an den tiefsten Ort kommst.'" Baker hätte sich leicht als christlicher Superstar positionieren können. Sie spricht mehrere Sprachen fließend und ist eine begabte Kommunikatorin mit fortgeschrittenen Bildungsabschlüssen. Sie hat auch erstaunliche Wunder während ihres 30-jährigen Dienstes gesehen, besonders in Mosambik, wo sie und ihr Ehemann Rolland seit 1990 mehr als 7.000 "Buschkirchen", fünf Bibelschulen und vier Kinderernährungszentren gegründet haben. Nur wenige Tage vor ihrer Ankunft in Cincinnati betete Baker für zwei blinde Bettler, die zu ihrem Zelttreffen in ihrer Basis in Pemba, Mosambik, wanderten. Beide Männer erhielten sofort ihr Augenlicht, nachdem Baker ihre Finger mit Speichel befeuchtet und ihre Auge

Heidi und Rolland Baker gründeten bereits 1980 Iris Global (früher Iris Ministres). [21] Alleine im Zeitraum vom 1.10.2018 -30.9.2019 wurden eigenen Angaben zufolge 34 neue Gemeinden gegründet, 50.000+ Menschen besuchten wöchentlich Iriskirchen und 175 Flüge mit dem Iris-Flugzeug.

Interessant ist in diesem Zusammenhang das Narrativ „Öffentlichkeitsarbeit“, das den Begriff Missionierung ersetzt und wesentlich besser und ungefährlicher klingt. (siehe screenshot unten)

Screenshot von der Webseite von Iris Global. „Anbetung & Öffentlichkeitsarbeit: Neue Gemeinden gegründet: 34, Besuchen Sie wöchentlich Irsikrichen 50,000+, 175 Flüge mit dem Iris-Flugzeug“.

[22]

Iris Global verfügt u.a. auch über 8 Gesundheitszentren. Besonders aufschlussreich sind die Angaben, die unter „Heilung“ zu lesen sind. Da ist die Rede von „übernatürliche als auch natürliche Rezepte“, „Gott unser Heiler ist“.

Und weiter: „Iris hat Tausende von Menschen auf wundersame Weise geheilt, wobei taube Ohren geöffnet wurden, blinde Augen sahen, Malaria verschwand und vieles mehr“. [23]

Im Screenshot ist ein Banner von Iris zu sehen mit folgendem Text: „Heilung Unsere Herangehensweise an Krankheit und Gesundheit ermöglicht es uns, sowohl übernatürliche als auch natürliche Rezepte zu verwenden. Wenn einer kranken Person auf der Suche oder durch eines unerer 8 Gesundheitszentren begegnet wird, beten wir immer für sie, da wir wissen das Gott unser Heiler ist und Seine Wunder die Menschen auf ihn hinweisen. Iris hat Tausende von Menschen auf wundersame Weise geheilt, wobei auch taube Ohren geöffnet wurden, blinde Augen sahen, Malaria verschwand und vieles mehr.“

Auch das TOS Zentrum Schwäbische Alb bietet Heilungsgottesdienste an. [24]
Facebook-Post vom 28. Juni 2021: „Jesus heilt heute! In unserem Heilungsgeottesdienst mit Sabine Walz am 26. Juni 2021 sind Wunder geschehen: Während des Gottesdienstes wurde, ohne dass für sie gebetet wurde, eine Frau an den Knien geheilt, die davor geschmerzt hatten. Eine andere Frau hatte Schmerzen an einem Knöchel, nach dem Gebet für Heilung waren die Schmerzen verschwunden. Komm und erlebe die Kraft Gottes in den Gottesdiensten des TOS Zentrums Schwäbische Alb.“

Ebenso z.B. die Charismatische Erneuerung in der katholischen Kirche e.V. mit Sitz in Maihingen. [25] Sie bietet 2x jährlich einen Heilungsgottesdienst in Erfurt an. [26]

Heilungsgottesdienste werden darüberhinaus u.a. auch angeboten von der Freie ChristengemeindeThe Way of Holiness“ mit Sitz in Bietigheim-Bissingen. [27] Auch sie haben ein Netzwerk gegründet inkl. Ehe-Seminar und Jüngerschaftsschule. [28]

Dieser Thread wollte im Schnelldurchlauf noch einmal deutlich machen, warum Evangelikale und christliche Fundis so gefährlich sind. Denn sie wollen Einfluss nehmen, anderen ihren Glauben und Willen aufzwingen, Macht ausüben und mittlerweile gelingt ihnen das auch.

Das zeigt sich deutlich z.B. in den USA oder in Polen.

Und es zeigt sich, dass die ersten, die davon auf besonders heftige Weise betroffen sind, FLINTA, queere Menschen, ungewollt Schwangere und wie zu erkennen war auch Jüdinnen*Juden sind.

Und es zeigt sich, dass die Ignoranz, das Desinteresse, das Verharmlosen dieser Gruppierungen, ihrer Organisationen und ihrer teilweise internationalen Netzwerke, die bis in die Mitte™ reichen, zum Erstarken dieser Gruppierungen und ihrer Ideologie geführt hat und dies in Deutschland mit Verspätung geschehen wird, sollte sich nichts ändern.

Deshalb

Alerta!

Fundis zum Teufel jagen!