Teil 1
Teil 2
Hier beginnt Teil 3, der mit allen Grafiken und Screenshots im Archiv zur Verfügung steht
Anmerkungen: Dieser Beitrag kann nur einen sehr oberflächlichen Einblick leisten und erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.
Die Corona-Pandemie hat gesellschaftliche Missstände sichtbar werden lassen, sowie verschärft und durch Missachtung oder Maßnahmen, die einzig dem Schutz des Kapitals dienen, deutlich gemacht, dass Änderungen/Verbesserungen für marginalisierte Menschen oder für Menschen in prekären Lebenssituationen und Arbeitsverhältnissen nicht gewollt sind und damit ihr Leid in und an dieser Gesellschaft billigend in Kauf genommen wird.
Gleichzeitig hat die Corona-Pandemie an die Oberfläche gespült, was schon lange in dieser Gesellschaft existierte, gährte, brodelte und nur darauf gewartet hat rausgelassen zu werden.
Das geschieht mittlerweile fast täglich. Coronaleugner*innen, darunter Querdenken und z.B. sog. „Coronarebellen“, machen es vor.
In diesem Teil des Sammelthreads geht es um christlichen Fundamentalismus inkl. Evangelikale, der sich mit rechten/extrem rechten Coronaleugner*innen verbunden hat. Allerdings haben diese fundamentalen Bibeltreuen schon vor Corona existiert.
Die Pandemie macht sie allerdings sichtbarer.
Beginnen wir mit Pastor Christian Stockmann (zdf.de/kultur/kulturz) von den Christen im Widerstand,
der gemeinsam mit Querdenken für den „Widerstand“ demonstriert und mobilisiert, aber nicht nur gegen die Maßnahmen zum Schutz vor Corona. Nein, er wähnt sich, wie so viele andere auch, im Kampf gegen das Böse und hat noch viel vor. U.a. Evangelisation.
Stockmann, der seit Wochen u.a. Anbetungen vor dem Deutschen Bundestag durchführt, gehört zum Vorstand des gemeinnützigen bibeltreuen/christlich fundamentalen Vereins Mandelzweig e.V.
Dieser Verein bietet z.B. Teamfreizeiten, „Streetwork am Leo“ und an zwei ausgewählten Tagen Sozialberatungen an, betreibt das Café Mandelzweig in Berlin und will „Lichtblick für die Armen sein“; sogar ein „Mandelzweig-Mobil“ gehört dazu,
um Lebensmittel von der Berliner Tafel abzuholen, Personen- und Möbeltransporte durchzuführen, Sperrmüll abzutransportieren oder für die Sonntagsgottesdienste das Equipment zu transportieren. [3]
Wenn Stockmann als frommer Prediger gemeinsam mit Holocaustleugner*innen, mit Neonazis mit Reichsflaggen, mit rechten Esoteriker*innen, mit Anthroposoph*innen, mit rechten und extrem rechten Coronaleugner*innen durch Berlin marschiert, aggressiv, verantwortungslos und ohne Maske, gemeinsam mit Demonstrant*innen, die Menschen lynchen, Pressevertreter*innen ausschalten … wollen, dann passt das sehr gut zusammen.
Denn auch Stockmann redet, wie so viele andere auch, vom Ausschalten. Er weiß aber nicht wen, glaubt an ein pädophiles Netzwerk und bereitet sich darauf vor, wenn es sein muss, in den Untergrund zu gehen.
Dorothea Stockmann, die Ehefrau und die Mutter der 7 gemeinsamen Kindern, die ebenfalls sehr aktiv ist, freut sich über den Zulauf. Etwa 800 Christ*innen befänden sich derzeit im Widerstand und täglich würden es mehr werden.
Sie danken Gott dafür, dass es so gekommen ist. Warum auch nicht, denn jetzt erhalten sie endlich Gehör und können das rauslassen, was sie schon lange in sich tragen.
So kann der bibeltreue Mann, also Stockmann, im oben genannten Film aus voller Inbrunst seiner Überzeugungen, die nichts mit Fakten, nichts mit Wissenschaft und erst recht nichts mit Demokratie zu tun haben oder mit Güte oder Friedfertigkeit,
verkündigen, dass man Gott mehr gehorchen muss als den Menschen.
Nur sollte mensch sich davor hüten „Pfarrer“ Stockmann als einen Einzelfall zu bewerten. Nein, ganz im Gegenteil. Denn diese Einstellung/Ideologie wird auch von Evangelikalen/Bibeltreuen/Christlichen Fundis geteilt. Z.B. von Ulrich Parzany.
Er ist Pfarrer aus Kassel, Vorsitzender des Netzwerks Bibel und Bekenntnis und Unterzeichner der christlich-fundamentalen Salzburger Erklärung (2015), sowie regelmäßiger Grußbotschaftenschreiber für den Marsch für das Leben.
Er gilt laut evangelisch.de als eine der führenden Personen in evangelikalen Kreisen. 21 Jahre lang, von 1984 bis 2005, war er Generalsekretär des CVJM und von 1997 bis 2009 Hauptredner der Missionsveranstaltung „Pro Christ“. [4]
Bekannt geworden ist Parzany u.a. auch durch Homosexuellenfeindlichkeit und durch sein Buch: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“,
erschienen 2018 im evangelikalen und kreationistischen SCM Verlag Hänssler.
Erwähntes Zitat stammt übrigens aus der Bibel und zwar aus der Apostelgeschichte 5,29, niedergeschrieben von irgendeinem Lukas. [6]
Christen dürfen sich von Corona nicht spalten lassen, so Parzany, der im September 2020 dazu aufgerufen hat zu „Jesus-Demonstranten“ zu werden. [7]
Der Schriftsteller Martin Mosebach, vom Spiegel als „Gotteskrieger im Tweed-Jackett“ bezeichnet, vom Cicero als „Deutschlands Religionspolizei“, verkündete 2018 „Die Bibel steht über der Verfassung“. [9]
Bis dahin hatte er schon für ein „Blasphemiegesetz“ plädiert, eine rechte und eine Karriere als Schriftsteller gemacht und war 2013 von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), vermutlich genau deshalb, mit dem Literaturpreis der Stiftung ausgezeichnet worden.
Dabei reichen seine Missionierungsversuche noch sehr viel weiter zurück und erhielten Anerkennung. Sein „staunender Realismus“, denen sich Mosebach verpflichtet fühle, kam bei der KAS sehr gut an. [11]
Auch Gaby Wentland vom Hauptvorstand der Evangelischen Allianz Deutschland (EAD) und Inka Hammond nutzten Corona als Gelegenheit zu einem ausführlichen Statement. Allerdings predigte Wentland, die 2014 vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger mit dem über
20.000 Euro dotierten Bürgerpreis als „Deutschlands Bürgerin des Jahres 2013“ ausgezeichnet wurde, [12] im November 2014, dass psychisch Kranke verflucht seien und sie Betroffene durch Handauflegen heilen könne. [13]
Von sich reden machten Wentland, Leiterin von Mission Freedom, und Inka Hammond, Gründerin von free!ndeed – Freiheit von Pornografie, die geschlechtergetrennte Kurse für pornografieabhängige Männer und deren betroffene Frauen anbietet, [14]
als sie im Oktober Christ*innen dazu aufforderten nicht negativ über den Faschisten Donald Trump zu reden. [15]
Christian Stockmann will dies im Übrigen auch und er liebt Deutschland, so wie Hammond und Wentland und so viele andere noch. Dabei geht es um „Nationentheologie“ oder um die Verknüpfung von Patriotismus mit christlichem Fundamentalismus.
Im April 2020, exakt am 08.04.2020, ausgelöst durch die Corona-Pandemie just während der Ausgangsbeschränkungen zum Schutz vor Corona, startete der 1. Livestream „Deutschland betet gemeinsam“
Es war ein Gebet für Deutschland. Die genaue Formulierung lautete: „Wir beten für unser Land (…)“ (Ergänzende Infos dazu noch hier: eulemagazin.de/deutschland-be)
Initiiert worden war das patriotisch-christlich-fundamentale und evangelikale/bibeltreue und missionierende Spektakel u.a. von Johannes Hartl dem 1. Vorsitzenden des Gebetshaus Augsburg.
Initiatoren
Gerhard Proß, Miteinander für Europa
Dr. Johannes Hartl, Gebetshaus Augsburg
Fadi Krikor, Christlicher Convent Deutschland CCD, Fathers House for all Nations
Friedegard Warkentin, 1. Vorsitzende des Diakonievereins, Leitung der Therapieeinrichtung Eser 21
Tobias und Frauke Teichen, ICF München
Julia Warkentin, Gebetshaus-Initiative MünchenTheologischer Beirat
Prof. Dr. Dr. Thomas Schirrmacher, Berater der theologischen Kommission des Ökumenischen Rats der Kirchen
Hartl war erst im September 2020 als Referent für die rechte 5. Vollversammlung der wahren Schwarmintelligenz aufgetreten und kann darum einem rechten bis extrem rechten Spektrum zugeordnet werden. Also dem Spektrum, dem auch Klaus Kelle und die WerteUnion angehören.
Unterstützt wurde das Gebet für Deutschland von zahlreichen Bundestagsabgeordneten unter der Schirmherrschaft des bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). [17]
Hier sind sie die MdBs, die „Deutschland Betet Gemeinsam“ unterstützt hatten:
Kommen wir zurück zum Gebetshaus Augsburg, das mit dem Slogan wirbt: „Werde Teil von etwas Grossem“. Interessanterweise gehört diesem auch Inka Hammond an.
Symbolisch für die brandgefährliche Mischung, die entstanden ist, sind z.B. auch die Pegida-Aktivistin Heidi Mund oder Samuel Eckert. Eckert ist Adventist, sieht sich als wie Luther, der sein „Leben für die Wahrheit aufs Spiel gesetzt hat“. [19]
Symbolisch für die brandgefährliche Verbindung, die schon vor der Corona-Pandemie bestand, ist z.B. die Verbindung von Armin Laschet und seiner rechten Hand Nathanael Liminski von der Initiative Pontifex,
die genau das fordert wofür Stockmann kämpft, nämlich die Durchdringung jeder Faser dieser Gesellschaft durch das Evangelium bzw. die „Neuevangelisierung“ oder ein bibeltreues Deutschland, wie Stockmann sagen würde.
Allerdings ist dies kein Alleinstellungsmerkmal der Initiative Pontifex. Es ist auch das erklärte Ziel des Opus Dei und der Priesterbruderschaft Pius X., die die Pandemie bzw. Corona als Lektion von Gott versteht, der dazu aufruft „unsere Illusionen aufzugeben und zur Realität zurückzukehren“. [22]
Opus Dei und die Pius-Brüder betreiben sogar eigene Schulen und das alles schon seit langer Zeit, nicht erst seit Corona.
Symbolisch für die Verbindungen von Politik und christlichem Fundamentalismus/Evangelikalen ist Uwe Heimowski, Beauftragter der Evangelischen Allianz Deutschland (EAD) am Deutschen Bundestag, der wissenschaftlicher Mitarbeiter des MdB Frank Heinrich (CDU) ist.
Symbolisch für die Verbindungen von Politik und christlichem Fundamentalismus/Evangelikalen ist z.B. die Vernetzung von Mission Freedom (Gaby Wentland) und Gemeinsam gegen Menschenhandel mit dem 1. Vorsitzenden Frank Heinrich (MdB der CDU).
Mission Freedom, gegründet von Gaby Wentland, ist nämlich auch Gründungsmitglied von Gemeinsam gegen Menschenhandel.
Der Pfingstkirchler und „querdenkende“ Christian Stockmann ist darum m.M.n. nicht mehr aber auch nicht weniger Ausdruck bzw. Symbol einer Gesellschaft mit einem christlich-fundamentalen, einem sich radikalisierenden und einem menschenverachtenden Kern bzw. einer Mitte …
Und damit sind wir bei Teil 4, der Fortsetzung, die in Kürze folgt.