Patin für neun Monate

Teil 1

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Am 18.12.2024 berichtete das Sprachrohr der Evangelikalen EAD (Evangelische Allianz in Deutschland) nämlich idea (Informationsdienst der evangelischen Allianz), über „Lebenshelferin für 9 Monate“. Der Artikel, der hinter einer Bezahlschranke war, begann folgendermaßen: „Unsicher, mutlos, ängstlich: Viele Frauen sind mit ihrer Schwangerschaft überfordert. Manche entscheidet sich für eine Abtreibung. Schaffe ich das alles. Auch Gabriela Khaled kennt die Zweifel. Doch sie ist nicht allein.“

Auch bekannt ist diese „Betreuung“ als Patin für 9 Monate hinter der die Abtreibungsgegner*innen der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) e.V. steckt.

ALfA gibt an rund 11.000 Mitglieder zu haben. Angeschlossen ist ALfA dem Bundesverband Lebensrecht (BVL), der einmal jährlich den Marsch für das Leben in Berlin und Köln organisiert.

Bundesvorsitzende von ALfA ist Cornelia Kaminski. Sie ist auch ehemaliges Vorstandsmitglied des BVL, 2019 war sie Teilnehmer der Auftaktverstaltung von One of Us.

One of Us ist Teil des antifeministischen und queerfeindlichen Netzwerks Agenda Europe, die die „natürliche Ordnung“ wieder herstellen wollen.

2022 hat Cornelia Kaminiski den Aufruf „Schluss mit der Falschberichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks!“ initiiert von der transfeindlichen Eva Engelken unterzeichnet.

Der Aufruf forderte: „Wir Wissenschaftler und Ärzte fordern den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf, biologische Tatsachen und wissenschaftliche Erkenntnisse wahrheitsgemäß darzustellen.

Wir fordern eine Abkehr von der ideologischen Betrachtungsweise zum Thema Transsexualität und eine faktenbasierte Darstellung biologischer Sachverhalte nach dem Stand von Forschung und Wissenschaft. (…)„. [1]

Cornelia Kaminski ist wie zu sehen war sehr gut vernetzt. Sie ist Oberstudienrätin an einem Gymnasium in Hünfeld, Autorin und Beraterin für einen Schulbuchverlag. (!)

Zum Vorstand von ALfA gehört auch Alexandra Maria Linder. Auch diese Abtreibungsgegnerin ist sehr gut vernetzt. Sie publizierte 2020 für das Neue Non Noblis des Tempelritterordens e.V. Ordo Militiae Crucis Templi. Aktuell ist sie Beisitzerin der Christdemokraten für das Leben (CDL).

Linder gehörte 2016 zum Kuratorium von ProLife Deutschland, war Referentin der Jahrestagung von den Ärzte für das Leben in Kooperation mit der Aktion Lebensrecht für Alle.

Sie wird auch als Bloggerin der AfD-nahen Freie Welt geführt und gehört zum Beirat von Ragg’s Domspatz, die sie als „zu den führenden Köpfen der Lebensrechtsbewegung“ zählt. [2] 2009 fungierte Linder als Interviewpartnerin für die „neu“rechte Wochenzeitung Junge Freiheit.

Mit diesem Interview machte sie Werbung für ihr Buch „Geschäft Abtr€ibung“.

Zu sehen ist das Buchcover.

Buchbeschreibung: Alt: Abtreibung ist nicht nur eine millionenfach erlebte menschliche Tragödie, sondern inzwischen auch ein Milliardengeschäft. Die Journalistin Alexandra Maria Linder berichtet in diesem Buch Fakten, die verschwiegen werden, und deckt die skandalösen Zusammenhänge zwischen der massenweisen Tötung von Kindern und den wirtschaftlichen Interessen von Abtreibungsärzten und Industrie auf: Ist Abtreibung schon längst ein lukrativer Erwerbszweig geworden? Wer verdient am Geschäft mit dem Tod? Was passiert mit den Babyleichen? Welche Rolle spielen Pharma- und Kosmetikindustrie? Welche Motive treiben die weltweite Pro-Abtreibungslobby wirklich an? Ist die Propagierung des Rechts auf Abtreibung eine neue Form von Kolonialismus gegenüber der Dritten Welt? Warum schweigt die Politik zu den skandalösen Vorgängen? Fragen, bei deren Beantwortung sich Abgründe auftun.

2014 erschien im Sinus-Verlag das „Buch“ „Abtreibung. Ein neues Menschenrecht?“. Herausgegeben von Büchner/Kaminski/Löhr. Für dieses Buch schrieb sie einen Beitrag.

Im selben Jahr veröffentlichte sie ebenfalls einen Artikel in der Junge Freiheit. In diesem „Artikel“ befasste sie sich mit der „Pille danach“, die sie ablehnt.

Genau wie Kaminski nahm auch sie 2019 an der Auftaktveranstaltung von One of Us teil. Als Schirmherr fungierte Rémi Brague.

Er hat bereits einen eigenen Eintrag in diesem Blog, weil er durch rassistische Äußerungen aufgefallen ist, weil er „Geschlechtergerechtigkeit und Gleichberechtigung“ als „Zwang zur Gleichschaltung“ bezeichnete und als islamfeindlich definiert werden kann.

Zurück zur „Patin für 9 Monate“, die eine eigene Webseite betreiben und Patinnenschulungen anbieten und nicht nur Spenden akquirieren, sondern auch Patinnen, also „Ehrenamtlich“ Tätige für „ungeborene Kinder und ihre Mütter“. [3]

Vermittelt werden die Schwangeren durch die vitaL Beraterinnen von ALfA, durch andere Frauen und andere Organisationen, darunter KALEB.

KALEB (Kooperative Arbeit Leben Ehrfürchtig Bewahren) ist ein bundesweiter Verein mit zahlreichen Regionalvereinen. Die Bundesgeschäftsstelle von KALEB hat ihren Sitz in Chemnitz.

KALEB Chemnitz bietet z.B. auch Kurse zur „Natürlichen Empfängnisregelung“ (NER) an.

Bisher fanden sich Verbindungen von ALfA zu One of Us, Agenda Europe, Christdemokraten für das Leben, Bundesverband Lebensrecht … und kaleb.

Doch die Verbindungen führen über KALEB Chemnitz zu Teenstar, einer Organisation, die z.B. Homosexualität als „Schicksal“ bezeichnet und Masturbation als schädlich verurteilt.

Bereits 2018 hat das österreichische Bildungsministerium Teenstar verboten an Schulen zu unterrichten. Bezeichnet wurde Teenstar in diesem Artikel als „christlicher Sexualkundeverein“. [4]

In Deutschland bietet Teenstar weiterhin Schulungen und Workshops zur „Sexualpädagogik für junge Menschen an“.

2023 fand in Washington D.C. (USA) ein internationaler Kongress von kaleb statt. [5] Ob bei diesem Kongress Kontakte zur Heritage Foundation geknüpft oder diese verstärkt wurden, dazu konnten keine Informationen gefunden werden.

Ebensowenig ob führende Vertreter*innen von Evangelikalen oder Republikanern teilgenommen haben. Außer einem Foto konnte nichts weiter gefunden werden.

Zurück zur Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA), die hinter der „Patin für 9 Monate“ steckt. Zu den Vorstandsmitgliedern gehört auch ein gewisser Prof. Dr. Holm Schneider, der gleichfalls sehr gut vernetzt ist.

Holm Schneider ist Mitglied im Forum deutscher Katholiken (FdK), fungierte bereits als Redner für die Fachtagung am Vortag vor dem Marsch für das Leben, 2019 gehörte er zum Herausgeberbeirat der Zeitschrift für Lebensrecht, die von der JVL (Juristen-Vereinigung Lebensrecht) herausgegeben wird.

Holm Schneider ist oder war Kinderarzt und Genforscher (Universität Erlangen-Nürnberg). Durch diesen beruflichen und wissenschaftlichen Hintergrund ist er ein Mann mit vermeintlicher Expertise und Autor von Publikationen.

Darunter „Was soll aus diesem Kind bloß werden?: 7 Lebensläufe von Menschen mit Down-Syndrom“.

Seine Publikation stellte der „Experte“ im Rahmen einer Kooperationsveranstaltung der Christdemokraten für das Leben Berlin mit Kaleb im März 2014 vor.

5 Jahre später, also 2019, gründete der Professor die Holm-Schneider-Stiftung für vorgeburtliche Therapie. [6]

Zweck der Stiftung ist es, die medizinisch notwendige Behandlung eines noch ungeborenen Kindes auch im Falle nicht ausreichender Kostendeckung zu ermöglichen sowie durch Förderung therapeutisch ausgerichteter perinatalmedizinischer Forschung zur Verbesserung vorgeburtlicher Therapien und der Information darüber beizutragen. Die Stiftung dient damit der Gesundheitshilfe sowie der Förderung von Wissenschaft und Forschung und verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung (AO). Sie handelt zugleich mildtätig nach § 53 AO, weil dem Behandlungswunsch der Schwangeren regelmäßig eine seelische Notlage zugrunde liegt und weil ein ungeborenes Kind grundsätzlich auf die Hilfe anderer angewiesen sowie im Falle einer Fehlbildung oder Krankheit besonders hilfsbedürftig ist.

[6]

Seine Vorstellungen von vorgeburtlicher Therapie schließen jedoch Pränataldiagnostik/Präimplantationsdiagnostik aus. Kirsten Achtelik berichtete im Februar 2017 für das Gunda Werner Institut über „Vorsicht „Lebensschützer““ darüber.

Wer den Namen Holm Schneider googelt wird mit zahlreichen Einträgen belohnt. Denn er setzt sich für Inklusion ein und hat zahlreiche Bücher über Menschen mit Handicap/Behinderungen verfasst. Außerdem erhielt er zahlreiche Auszeichnungen darunter den Gottron-Just-Wissenschaftspreis. [7]

Teil 2