Dies und das zum Thema Abtreibungsgegner*innen

Am 29.04.2021 veröffentlichte idea, das Sprachrohr der evangelikalen Evangelischen Allianz in Deutschland, kurz EAD, einen längeren Artikel über „VitaL, (…) eine 2001 gegründete Beratungsstelle für schwangere Frauen in Not“. Nachzulesen hier

VitaL – Beratung für Schwangere“, so die Eigenbezeichnung, verfügt über eine 0800 er Nummer, die 24 Stunden erreichbar ist

Screenshot von vitaL mit dem Bild einer Frau, die eine Hand auf die Stirn gelegt hat während ein Sonnenstrahl direkt zwischen Nasenwurzel und Handgelenk durchschimmert. Daneben die Telefonnummer: Ungewollt schwanger? 24 h 0800 36 999 63 kontakt@vita-L.de

[1]

und betreibt eine Website samt Blog.

Damit nicht sofort auffällt, dass Abtreibungsgegner*innen dahinter stecken [2] gibt es bei VitaL sogar die Rubrik „Wie wird die Abtreibung durchgeführt?

Screenshot: Wie wird die Abtreibung durchgeführt? Absaugung (operativ), Ausschabung (operativ), Mifegyne (medikamentös durch Abtreibungspille), Spätabtreibung.

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Spätestens beim Anklicken der jeweiligen Felder wird allerdings deutlich, dass hier die AntiChoice-Bewegung am Werke ist bzw. desinformiert. Hinter VitaL – Beratung für Schwangere stecken Alexandra Linder und Cornelia Kaminski. [4]

Sie sind beide im Impressum aufgeführt und interessanterweise ist die Anschrift das Ottmarsgäßchen 8 in Augsburg die Geschäftsstelle der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) [5] mit Cornelia Kaminiski als 1. Vorsitzender.

Sie ist seit Mai 2019 Bundesvorsitzende von ALfA [6] und ist im Vorstand des Bundesverbands Lebensrecht (BVL) vertreten. [7] Doch hier enden die Vernetzungen nicht.

2019 war Cornelia Kaminiski Teilnehmerin einer Auftaktveranstaltung von One of Us, die Teil des europaweiten antifeministischen und LGBTQI-feindlichkeit Netzwerks Agenda für Europa ist.

2017 und 2020 veranstaltete ALfA gemeinsam mit der ÄfdL, also Ärzte für das Leben, eine Jahrestagung. 2020 waren unter den Referent*innen Cornelia Kaminski, „Prof. Dr.“ Paul Cullen (ÄfdL, BVL), „Prof. Dr.“ Tobias Heck von der Theologische Fakultät Fulda, „Prof. Dr.“ Armin Schmidtke vom Zentrum für psychische Gesundheit der Universität Würzburg und Martine Liminski.

Martine Liminski ist verheiratet mit Jürgen Liminski vom Opus Dei. Gemeinsam haben die beiden 10 Kinder, einer der Söhne Nathanael Liminski ist die rechte Hand von Armin Laschet.

Die Spuren von Martine Liminski führen zur AfD-nahen Freie Welt und zum Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie (iDAF) e.V.

Gemeinsam mit ihrem Mann Jürgen erörterte die Dipl.-Päd.im Rahmen einer Veranstaltung die Frage „Leben wir in einer Meinungsdiktatur?“ über die Opus Dei später berichtete. [8]

Doch das war nicht die einzige Veranstaltung des Opus Dei an der Martine Liminski als Vortragsrednerin teilgenommen hat. [9] [10]

Schauen wir uns nun die Vernetzungen von Alexandra Maria Linder von VitaL an. A. M. Linder von den Christdemokraten für das Leben (CDL) ist/war Kuratoriumsmitglied von ProLife Deutschland, deren Website nicht mehr existiert.

2017 war Linder Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA), fungierte als Referentin für das Treffen Christlicher Lebensrechtsgruppen, kurz TCLG, und als Autorin für die AfD-nahe Freie Welt und die „neu“rechte Wochenzeitung Junge Freiheit (JF).

Gleichzeitig ist sie auch mit Ragg’s Domspatz vernetzt, [11] hielt einen Vortrag in der Bibliothek des Konservatismus (Bdk) und ist ebenfalls mit One of Us verbunden. [12]

Die Abtreibungsgegnerin Linder gehört auch zu den Impf“skeptiker*innen“. Sie schrieb 2015 für kath.net einen Artikel über ihr Buch „Geschäft Abtreibung“. Nachzulesen hier

Sie behauptete, dass verkaufte Reste von abgetriebenen Kindern in Impfstoffen enthalten seien, in Mittel zur Verjüngung (!) und Behandlung von Krankheiten und sie würden eingesetzt, um Tierversuche zu vermeiden.

In ihrem Buch prägte Linder das Narrativ von der „fötalen Organernte“ von „abgetriebenen Kindern“ mit denen Planned Parenthood Geld verdiene, übersetzt meinte sie damit gewerbsmäßigen Handel mit Leichenteilen.

Natürlich waren diese Fakten kein Thema bei idea, denn schließlich geht es nicht um die Wahrheit, sondern um Druck, Manipulation und Akquise, also Anwerbung für die eigene Ideologie auch bekannt als Missionierung oder Evangelisation.

Ich kann nur hoffen, dass die Information VitaL habe eine enge Kooperation mit Frauenhäusern nicht zutrifft. Denn das Vor- und Eindringen von christlichen Fundis und Abtreibungsgegner*innen in Frauenhäuser, die ein safe space sein sollen, ist ganz und gar inakzeptabel.

Text: „Muslima: Von ihren Familien bedrängt. Vermehrt meldeten sich auch muslimische Frauen. Ihre Familien dürfen nicht erfahren, dass sie – noch unverheiratet – Geschlechtsverkehr hatten. Häufig werde ihnen von ihren Eltern Gewalt und manchmal auch der Tod angedroht. VitaL habe eine Kooperation mit Frauenhäusern, wo die Frauen untertauchen könnten, um ihr Kind zu bekommen.“

Genauso unerträglich sind die Angebote der Aktion Lebensrecht für Alle für Schulklassen, wie in nachfolgendem Screenshot zu sehen ist.

Screenshot mit den Angeboten für Schulklassen, darunter fertige Tagelbilder, methodisch-didaktische Hinweise zu jedem Modul …

[13]

Vor allen Dingen unter dem Gesichtspunkt, dass in den Richtlinien für Familien- und Sexualerziehung in den bayrischen Schulen“ Abschnitt 1.3.2 ein „Aktionstag für das Leben“ vorgesehen ist. Quelle

Screenshot von folgendem Text: 1.3.2Aktionstag für das Leben 1Das GG verpflichtet den Staat, menschliches Leben zu schützen. 2Bereits dem ungeborenen menschlichen Leben kommt Menschenwürde zu. 3Diese Schutzpflicht gründet in Art. 1 Abs. 1 GG und wird durch Art. 2 Abs. 2 GG näher bestimmt. 4Für die Schulen ergibt sich daraus die Aufgabe, die Würde auch des ungeborenen Lebens herauszustellen, Verantwortung gegenüber dem ungeborenen Kind zu wecken und den Willen zum Schutz des ungeborenen Lebens bei den Schülerinnen und Schülern zu stärken. 5In Ergänzung zur unterrichtlichen Wissensvermittlung über den ungeborenen Menschen und sein Lebensrecht soll daher an den weiterführenden Schulen nach Möglichkeit jährlich ein „Aktionstag für das Leben “ unter Einbezug der Schülermitverantwortung und der Eltern durchgeführt werden. 6Vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Fragen soll die Einsicht in die Notwendigkeit von Werten den Willen der Schülerinnen und Schüler festigen, im Sinne dieser

Dies war nur ein kleiner Überblick über die netzwerkartigen Strukturen der AntiChoice-Bewegung und ihre Propagandist*innen.

Denn tatsächlich gibt es wesentlich mehr Organisationen, die miteinander verbunden und z.B. dem Bundesverband Lebensrecht (BVL) als Dachverband angeschlossen sind oder den Marsch für das Leben ideell unterstützen.

Darunter z.B. das Netzwerk Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen (TCLG). Das TCLG ist wie die meisten Vereine der AntiChoice-Bewegung als gemeinnützig anerkannt.

Vorsitzender des TCLG ist der ehemalige Generalsekretär der EAD Hartmut Steeb, stellvertr. Vorsitzender des BVL [14] und Teil der Mitgliederversammlung der Koalition für Evangelisation/Lausanner Bewegung. [15]

Enge Verbindungen unterhält Steeb zu Demo für Alle. Er ist Vorstandsmitglied ex officio von idea, war Botschafter von Einer von Uns/One of Us und ist darüberhinaus auch Leiter mehrerer Arbeitskreise der EAD.

Im Rahmen einer digitalen Tagung der Vereinigung „Christen im öffentlichen Dienst“, ja die gibt es auch, erklärte Steeb „Internationale Gremien und Organisationen bedrohen den Lebensschutz“.

Screenshot, der die Angaben im Text belegt.

Damit meinte er nicht etwa Frontex oder die Rüstungsindustrie, sondern die Vereinten Nationen, die Weltgesundheitsorganisation und die in Hannover ansässige Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW).

Screenshot, der die Angaben im Text belegt.

Lobbygruppen“, die „weltweit Abtreibungen fördern“. Aber es wird noch schwurbeliger. Denn Hartmut Steeb ist längst „auf die Seite der Verschwörungsideologen und Rechtsradikalen gekippt“, so das Magazin Die Eule. [16]

In seinen Corona-Infos für das Gemeindenetzwerk verweist Steeb zum Beispiel auf Boris Reitschuster, auf die extrem rechte Publizistin Vera Lengsfeld oder Eltern Stehen Auf.

Vom Querdenker Dr. med. Thomas Külken behauptet Steeb, dass dieser ihn zum gründlicheren und hintergründigem Nachdenken angeregt hat. Nachzulesen hier

Ich komme zurück zu Hartmut Steeb und dem Artikel bei idea vom 30.04.2021 mit dem Titel: „Steeb: Lobbygruppen fördern weltweit Abtreibungen“. Nachzulesen hier

Im Rahmen seines Vortrags für die digitale Tagung behauptete Steeb der DSW wolle durch seinen Einsatz eine Reduzierung der Bevölkerung Afrikas – insbesondere der schwarzen Bevölkerung – erreichen.

Screenshot, der die Angaben im Text belegt.

Dies sei, so Steeb als Referent, vielen Menschen nicht bewusst.

Dass er sich ausgerechnet diese Stiftung ausgesucht hat und nicht etwa irgendeine andere Organisation, mag vermutlich daran liegen, dass die DSW alleine im Jahr 2016 erhebliche Zuwendungen der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung erhalten hat [17] und zum Stiftungsrat die Europa-Direktorin besagter Stiftung gehört. Es existieren also nachweislich Verbindungen zur Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung.

Dass Bill Gates erklärtes Feindbild von Querfaschist*innen/von CoroNazis ist, muss hier nicht erwähnt werden.

Dass Querdenken sich auf eine „Studie“ beruft, die der Bill-und-Melinda-Gastes-Foundation Versagen vorwirft und das vermutlich auch weil diese mit der Rockefeller-Stiftung zusammenarbeitet/zusammengearbeitet hat, [18] zeigt deutlich den verschwörungsideologischen und antisemitischen Charakter von CoroNazis, so wie Hartmut Steeb einer geworden ist.

Und wer diesen Beitrag bis hier hin gelesen und nicht schon viel früher entnervt aufgegeben hat, konnte erkennen, dass CoroNazis und Abtreibungsgegner*innen, darunter Hartmut Steeb und auch idea, denn hier erschienen die beiden Artikel, viele Gemeinsamkeiten teilen.

Und diese verschwörungsideologischen Aspekte tragen sie auch in Veranstaltungen hinein, sie sind in ihren Publikationen zu finden und werden bei den Zuhörer*innen und/oder Leser*innen auf fruchtbaren Boden fallen.

An dieser Stelle möchte ich an eine neue Studie erinnern und daran „dass schon durch die einmalige Konfrontation mit Verschwörungserzählungen die Unterstützung für die Maßnahmen & die Bereitschaft, die Social-Distancing-Regeln zu befolgen, sinken – auch bei Menschen, die nicht daran glauben.“ [19]

Alleine schon die Beschäftigung mit Verschwörungsideologien kann zur Ablehnung von Regierungsmaßnahmen führen. Nachzulesen hier

Wir“ müssen „uns“ also zukünftig auf querdenkende Abtreibungsgegner*innen und Fundis einstellen, die sehr gut vernetzt sind und weiteren Einfluss nehmen werden auf eine Gesellschaft, die im Stechschritt einem autoritären Staat entgegen marschiert.