„Roland Tichy gibt Leitung der Ludwig-Erhard-Stiftung auf“, berichtete der Spiegel am 24.09.2020.
Auslöser sei die breite Kritik wegen der sexistischen Schmähung einer SPD-Politikerin in Tichys Einblick. Oswald Metzger (stellvertr. Vorsitzender) und Schatzmeister Alexander Tesche stünden bei einer Neuwahl Ende Oktober 2020 ebenfalls nicht mehr zur Verfügung.
Weiter wurde berichtet, Dorothee Bär (CSU) habe dies zum Anlass genommen ihre Mitgliedschaft aus Protest zu kündigen. Jens Spahn und Carsten Linnemann, beide MdB der CDU, hätten dies zum Anlass genommen ihre Mitgliedschaft mit sofortiger Wirkung ruhen zu lassen. Sie traten also nicht aus. Soviel nur dazu.
Wer diese Aus- und Rücktritte plus ruhenden Mitgliedschaften bejubelt, übersieht allerdings den wahren Charakter dieser Stiftung. Deshalb erscheint ein threadähnlicher Beitrag über die Ludwig-Erhard-Stiftung (LES), über die bisherigen Strukturen, die Mitstreiter:innen und über die Kooperationen angebracht.
Denn die Spuren führen auch zum „Mistbeet der AfD“ oder in den „völkisch-nationalistischen Sumpf“, gemeint ist die Hayek-Gesellschaft, die im Folgenden verkürzt als HG bezeichnet wird.
Doch dazu später mehr.
Zunächst einige Infos über den aktuellen Vorstand, der ab Ende Oktober 2020 nicht mehr existieren wird.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gehören dem Vorstand neben Roland Tichy noch Ulrich Blum, Oswald Metzer und Alexander Tesche an. [1]
Roland Tichy hat bereits einen Eintrag in diesem Blog. Deshalb ersparen wir uns weitere Angaben.
Ulrich Blum, der Sohn des ehemaligen BND-Präsidenten Eberhard Blum, Prof. Dr. Dr. h.c. von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg [2] schrieb von 2013 bis 2017 für das nationalrevolutionäre Magazin MUT, das bis zu seiner Einstellung 2017 von Bernhard C. Wintzek (Asendorf) herausgegeben wurde. [3] Blum hat sich bisher noch nicht geäußert.
Oswald Metzger gehört zum Autor:innenkreis des islamfeindlichen und rassistischen Blog Achse des „Guten“ und Tichys Einblick, war zunächst Mitglied der SPD, dann der Grünen und ist seit April 2008 Mitglied der CDU. Im WS 2003/2004 fungierte er als Referent für die Kölner Burschenschaft Germania und 2020 war er Referent für die Bibliothek des Konservatismus (BdK).
Alexander Tesche, der Vertreter der Wirtschaft, ist im Vorstand von Concordia Sozialprojekte und ist dort zuständig für den Bereich Personal bei der ED Züblin AG in Stuttgart. Bei der ED Züblin AG handelt es sich um ein Unternehmen für Hoch- und Tiefbau. Eigenen Angaben zufolge um die Nummer Eins, im Kompetenzverbund mit STRABAG. [4]
Berührungsängste nach rechts und rechtsaußen kennt der aktuelle Vorstand also nicht und all die, die jetzt um die Ausrichtung und wegen des Ansehens der Stiftung besorgt sind, übersehen dabei, dass die LES seit 2017 mindestens höchst offiziell mit der Hayek-Gesellschaft kooperiert. Denn die LES ist offiziell Unterstützer:in des Forum Freiheit, eine jährliche Kooperationsveranstaltung der Hayek-Gesellschaft, der Hayek-Stiftung, dem Freien Verband Deutscher Zahnärzte, dem Liberalen Institut Zürich, dem Hayek-Institut Wien, der LES, dem Forum Freie Gesellschaft und dem Institut für Unternehmerische Freiheit. Hier ein Screenshot als Beleg.
Diese Tatsache hat bisher offensichtlich keine:n zum Austritt bewogen oder zu öffentlichkeitswirksamer Kritik.
Diese Zusammenarbeit ist insofern bedeutsam, weil 2015 nach den Vorwürfen von Mobbing, Kontroversen und einem eskalierten Streit 62 Mitglieder laut und mit schriftlichem Statemennt aus der Hayek-Gesellschaft ausgetreten sind.(Mehr dazu hier: https://bkramer.noblogs.org/ein-thread-ueber-die-hayek-gesellschaft/).
Das war der Moment, in dem aus einer neoliberalen Organisation eine rechtslibertäre geworden ist. Ausgetreten waren damals u.a. Linda Teuteburg (FDP), Oswald Metzger, Lars P. Feld, …
Die Namen der Ausgetretenen und ihre Begründung können hier: https://archive.is/4Y25a nachgelesen werden. Interessanterweise sind die dieselben Personen, nämlich u.a. Linda Teuteburg, Oswald Metzger, Lars P. Feld … Mitglieder der LES, der auch Friedrich Merz, und Mitgliedschaftruhend Jens Spahn und Carsten Linnemann angehören.
Es störte sie offensichtlich auch nicht Mitglied einer Stiftung zu sein, der Wolfgang Ockenfels angehört.
Wolfgang Ockenfels (CDU) ist u.a. Kuratoriumsmitglied der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung und ist seit 1992 Chefredakteur von Die Neue Ordnung herausgegeben vom Institut für Gesellschaftswissenschaften Walberberg e.V. vor der die Arbeitsgemeinschaft Christliche Sozialethik 2019 gewarnt hat.
Auch der extremrechtslibertäre Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler (FDP), der dem Stiftungsrat der Hayek-Gesellschaft und Gründer/Geschäftsführer von Promotheus – Das Freiheitsinstitut ist, gehört zu den Mitgliedern der LES. Er publizierte bisher u.a. auch für eigentümlich frei.
Auch an ihm und seinen Verbindungen zur HG hat bisher keine:r Anstoß genommen.
Joachim Starbatty, ein weiteres Mitglied der Ludwig-Erhard-Stiftung (LES) ist u.a. auch Kuratoriumsmitglied der Hayek-Gesellschaft. 2013 stand er für die Bundestagswahl auf der Landesliste Berlin für die AfD.
Und es störte auch keine:n.
Ein weiteres Mitglied der LES ist Prof. Dr. Marthin Rhonheimer. Er ist Präsident des Austrian Insitute (AI), Autor des Ludwig von Mises Institut Deutschland und fungierte als Referent für die Hayek-Gesellschaft und das Opus Dei.
Auch daran hat sich keine:r gestört.
Rück- und Austritte und ruhende Mitgliedschaften ändern also nichts an den Fakten.
Dabei hören die Verbindungen zur Hayek-Gesellschaft nicht auf. Denn zur Jury des Ludwig-Erhard-Preis gehört auch Prof. Dr. Thomas Mayer, Vorsitzender der Jury, die 2018 noch in einer ganz anderen Zusammensetzung existierte. [5]
Thomas Mayer wird am 14.10.2020 einen Vortrag auf der Kooperationsveranstaltung Forum Freiheit 2020 halten und fungierte in der Vergangenheit als Referent von versch. Veranstaltungen der Hayek-Gesellschaft/Hayek-Clubs.
Er gehört dem Kuratorium von „Prometheus – Das Freiheitsinstitut“ an und ist Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institute mit Sitz in Köln, dem auch Gunther Schnabl vom Kuratorium der Hayek-Gesellschaft angehört.
Fakt ist also, dass es sowohl von der LES als Gesamtorganisation eine direkte Verbindung zur Hayek-Gesellschaft gibt, die die 2017 ausgetretenen Mitglieder Günter und Peer Ederer als „Mistbeet der AfD“ und „völkisch-nationalistischen Sumpf“ bezeichneten, [6] als auch Kontakte/Vernetzungen von Einzelpersonen zur HG.
Übersehen werden darf auch nicht die Sonderschrift der LES „Wohlstand für Alle/Klimaschutz und Marktwirtschaft“
die deutlich gemacht hat, dass die Ludwig-Erhard-Stiftung auch über Kontakte zu den Klimawandelleugner:innen von EIKE verfügt und zwar zu Sebastian Lüning, der als Referent an der EIKE-Konferenz 2019 teilgenommen hat und zu den Mitautor:innen der Sammelschrift der LES gehört, genauso wie Roger Köppel.
Es spielt also keine Rolle, ob Roland Tichy Vorsitzender ist oder nicht.
Es spielt keine Rolle, dass Dorothee Bär empört aus der LES ausgetreten ist, weil sie vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben eine rote Linie bei sich erkannt hat.
Auch die Empörung über Roland Tichy sind nichts weiter als heiße Luft. Denn nichts ändert sich an den Fakten und den ausgeprägten Verbindungen nach rechts und rechtsaußen.
Es spielt also keine Rolle, ob dieser Tage ein vorsichtigkritischer Artikel über die Ludwig-Erhard-Stiftung erschienen ist.
Denn sind einmal solche Strukturen entstanden, dann ist mehr vonnöten als sanfte Kritik an einer Stiftung, die mit dem „Mistbeet der AfD“ oder dem „völkisch-nationalistischen Sumpf“ zusammenarbeitet.
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