Dieser Beitrag steht mit allen Grafiken und Screenshots zur Verfügung
Wie alles mit allem zusammenhängt und warum Netzwerke oder Strukturen immer in einem größeren Kontext betrachtet werden müssen, darum geht es im letzten Teil der kleinen Reihe, die sich kritisch mit den Organisationen der CDU auseinandergesetzt hat.
Teil 1: Die WerteUnion und der neue Bundesvorsitzende Max Otte
Teil 2: Die Vernetzungen der Christdemokraten für das Leben
oder: wieviel christlicher Fundamentalismus und Agenda für Europa in der CDL steckt?
Teil 3: Konrad-Adenauer-Stiftung
Ihr Verhältnis zur Fidesz und Orbàn und wie hält es die KAS mit dem christlichen Fundamentalismus?
Teil 4: Berliner Kreis in der Union
Teil 5: Konservatismus
Teil 6: Evangelischer Arbeitskreis (EAK) der CDU/CSU
Teil 7: Junge Union
Hier beginnt Teil 8:
Tatort ist die mittelhessische Stadt Wetzlar.
Hier wirkt und wütet Hans-Jürgen Irmer.
Laut Informationen des Deutschen Bundestages ist Irmer MdB der CDU, Kreisvorsitzender der CDU Lahn-Dill, Vorsitzender von Pro Polizei Wetzlar und Vorsitzender der Deutsch-Österreichische Gesellschaft Wetzlar.
Wer genau hinschaut, entdeckt aber noch mehr. So ist Irmer Mitglied der Christdemokraten für das Leben, der WerteUnion, des Berliner Kreis, Herausgeber des Wetzlar-Kurier und schreibt gelegentlich für die „neu“rechte Wochenzeitung Junge Freiheit.
Wer noch genauer hinschaut, noch tiefer unter die Oberfläche dringt (Vergrößerungsfaktor 3), kann feststellen, dass er 2016 Präsident des Lions Club Wetzlar-Solms gewesen ist,
also dort Mitglied ist, dass er in der Vergangenheit (1996) als Referent für die extrem rechte Gießener Burschenschaft Dresdensia Rugia einen Vortrag gehalten hat,
Giessen_2003.pdf (asta-hannover.de) und Burschenschaft Dresdensia-Rugia zu Gießen – Wikipedia
Chefredakteur und V.i.S.d.P. des Gesundheitskompass Mittelhessen ist und vom evangelikalen Arbeitskreis christlicher Publizisten (ACP) ausgezeichnet wurde, wie der Wetzlar Kurier in der 3. Ausgabe 2019 berichtete. [2]
Hans-Jürgen Irmer sei für sein klares Bekenntnis zu christlichen und „konservativen“ Werten als Herausgeber des Wetzlar Kuriers geehrt worden. Der evangelikale, rechte und rassistische damalige Vorsitzende des ACP Heinz Matthias würdigte Irmer mit Dank und Anerkennung.
Diese Informationen führten zum Vergrößerungsfaktor 3.
Bezogen auf Wetzlar entstand die Grafik Vergrößerungsfaktor 4. Die fetten roten Pfeile zeigen an, dass das Netzwerk bzw. die vorhandenen Strukturen weitreichender sind.
Die fetten roten Pfeile sollen verdeutlichen, dass das Netzwerk hier nicht endet, sondern weiter reicht, z.B. zu den 125.000 Haushalten, die Monat für Monat den Wetzlar Kurier im Briefkasten haben oder z.B. zu den Unternehmen, die im Wetzlar Kurier Werbung schalten … .
Sehr viel weitreichender sogar.
Diese versuche ich nunmehr zu beschreiben und beginne mit dem Wetzlar Kurier, der eine Kombination aus gewerblichen Anzeigen, CDU-Mitteilungsblatt und Zeitungsartikeln ist, die in ihrer unverblümten Klarheit die Botschaften der „neu“rechten Wochenzeitung Junge Freiheit noch übertreffen.
Der Wetzlar Kurier finanziert sich ausschließlich durch die Anzeigen von Firmen und Unternehmen, die es möglich machen, dass der Wetzlar Kurier mittlerweile eine Auflagenhöhe von 125.000 Exemplaren erreichen konnte.
125.000 Haushalte werden also Monat für Monat, sofern sie den Dreck nicht im Mülleimer entsorgen, mit extrem rechter Hetze konfrontiert, die sich gegen NGO’s zur Seenotrettung im Mittelmeer, gegen Greenpeace, gegen Linke, gegen Klimaaktivist*innen, gegen Muslime*Muslima, gegen Grüne … richtet und das Monat für Monat.
Regelmäßig werden im Wetzlar Kurier Anzeigen z.B. von der Großbäckerei Moos veröffentlicht.
Seit 1997 findet in der oberen Wetzlarer Altstadt in der Vorweihnachtszeit ein Riesenstollenverkauf statt. Der Stollen wird von der Bäckerei Moos zur Verfügung gestellt und gelegentlich ist bei diesem Ereignis auch der Geschäftsführer Hartmut Moos dabei.
Der Verkaufserlös wird dann einem Verein gespendet. 2018 wurde dieser plus einer Zulage an den evangelikalen CVJM Lahn-Dill gespendet und das war nicht das erste Mal. So auch 2014. [3]
In seiner Eigenschaft als Präsident des Lions Clubs Solms Wetzlar übergab Irmer dem CVJM 2016 eine Rekordspende von 10.000 Euro. [4]
Auch die evangelikalen Abtreibungsgegner*innen von kaleb in der unteren Altstadt erhielten in der Vergangenheit tatkräftige Unterstützung von der Bäckerei Moos, vom Wetzlar Kurier und vom Lions Club und auch von anderen Unternehmen.
In der Beratung für den Kreishaushalt 2020 stellte die CDU Lahn-Dill mit Irmer als Kreisvorsitzendem erneut den Antrag Kaleb mit einem Zuschuss von 5.000 Euro zu unterstützen.
Dieser Antrag wurde abgelehnt, genauso wie die Forderung nach einem Zuschuss für Perlenschatz e.V. (evangelikales Projekt: „Zufluchtsstätte für muslimische Frauen“. [5]
Dann gibt es auch noch Pro Polizei Wetzlar. Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutsche Polizeigewerkschaft (DpolG), war bereits 3x zu Gast. Rainer Wendt ist so beliebt bei extremen Rechten,
dass der Bublies-Verlag, der im Sortiment Schriften von Nazis und Kriegsverbrecher*innen hat, Rainer Wendt’s Buch „Deutschland in Gefahr“ unter „Buchempfehlung der Woche“ bewarb.
Anfang August 2021 eröffnete in Wetzlar das „Haus der Prävention“ oder das „Haus des Hufeisens“. Denn hier geht es um „Extremismus“ und wie diesem entgegengewirkt werden könne. [7]
Zu den Kooperationspartner*innen gehören der Lahn-Dill Kreis und das Polizeipräsidium Hessen stellvertretend für das Land Hessen.
Es sei, so schrieb Irmer im Wetzlar Kurier, ein „bundesweit einmaliges Projekt“. Das Gebäude wurde vom Trägerverein „Verein zur Förderung der Prävention im Lahn-Dill-Kreis“ gekauft und dieser wurde von Pro Polizei Wetzlar gegründet. [8]
Es ist also ein Pro Polizei Wetzlar-„Projekt“.
Unterstützt und begrüßt wurde das „Haus der Prävention“ von Bündnis 90/Die Grünen, die sich lächelnd vor einem Plakat von Pro Polizei fotografieren ließen und dem Bild das Logo ihrer Partei hinzufügten. [9]
Ja, Pro Polizei Wetzlar und Hans-Jürgen Irmer haben wirklich gut lachen. Denn erst im Juli feierte Pro Polizei Wetzlar sein 25jähriges Bestehen und die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) gratulierte. Dabei entstand das nachfolgende Foto. [10]
War doch erst im Januar 2021 Rainer Wendt zum Neujahrsempfang bei Pro Polizei Wetzlar zu Gast gewesen, was zur Überschrift im Wetzlar Kurier führte „Polizei größte Menschenrechtsorganisation in Deutschland“.
Für die Zukunft hat sich Hans-Jürgen Irmer vorgenommen regelmäßig über das „Haus der Prävention“ im Wetzlar Kurier zu berichten, zwischen Werbung für den Kopp-Verlag und Werbung regionaler Unternehmen und
zwischen Artikeln, die sich u.a. auf den CoroNazi Boris Reitschuster [12] beziehen, in denen die Seebrücke, eine Seenotrettung NGO für geflüchtete Menschen im Mittelmeer, verunglimpft [13] oder in denen vor „Genderzwang an Hochschulen“ gewarnt wird. [14]
So wird es weitergehen Monat für Monat am Tatort Wetzlar
und alle die, die nicht mit Irmer verbündet sind, schauen zu oder weg.
Das nachfolgende Foto als Symbolbild stammt von 2019 und wurde auf der Wetzlarer Polizeischau gemacht. Diese Werbeveranstaltung für die Polizei organisiert von Pro Polizei Wetzlar findet im Abstand von 2 Jahren statt.
Da war vielleicht was los. Die Bildunterschrift lautete: „Die Polizeischau zieht tausende Besucher aus Mittelhessen an“ und es gab erstmals ein Kinderprogramm. [15]
Spaß für die ganze Familie, für Jung und Alt und leckeres Essen gab es auch noch.
Wetzlar ist eben ein schöner Ort für Nazis, für Evangelikale, für Abtreibungsgegner*innen, für Unternehmen, für die Polizei, für Menschen, die die Polizei lieben und für die, die sich ihrer Humanität gänzlich entledigt haben.
Wetzlar ist eben die Goethe-Stadt, die alles hat. Mehr dazu in einer besonderen Stadtführung, die leider noch nicht abgeschlossen ist
-Ende-