Titel Thesen Temperamente und das rechte Netzwerk Wissenschaftsfreiheit

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Ein Beitrag über den Beitrag von Titel Thesen Temperamente zum Thema „Ist die Meinungsfreiheit an Hochschulen in Gefahr?[1]

Screenshot von dem Beitrag von ttt und einem Foto von Ulrike Ackermann (Mitbegründerin „Netzwerk Wissenschaftsfreiheit“)

Hunderte von Professorinnen und Professoren, so der Moderator im Vorspann, sähen eine Wissenschaft in Gefahr. Eine Wissenschaft, die frei sein müsse Visionen zu entwickeln, frei für jeden Diskurs sein müsse, frei sein im Sinne von ohne Tabus.

Hunderte waren und sind es nicht. Denn bisher hat das Netzwerk 130 Mitglieder oder Mitstreiter_innen. Hunderte sind es also nicht und doch erzeugte diese Angabe ein völlig falsches Bild.

Außerdem darf und soll eine Wissenschaft niemals NIEMALS so frei sein, dass sie keine Tabus mehr kennt, wie vom Moderator und den Protagonist_innen der Sendung gefordert.

Deshalb sei hier an dieser Stelle an die Wissenschaft, an die Forschung und die Lehre während der NS-Zeit erinnert. Nachfolgend 2 Beispiele von vielen, die belegen, dass Wissenschaftler_innen, Forschende und Lehrende stets Verantwortung tragen und sich dieser nicht entziehen dürfen. Nicht noch ein weiteres Mal.

Screenshot eines Artikels aus dem Tagesspiegel mit dem Titel: „Wissenschaft im Nationalsozialismus Als Ärzte zu Verbrechern wurden. Im „Dritten Reich“ machten sich viele Ärzte zu Erfüllungsgehilfen des Regimes – unter ihnen waren auch Berliner Mediziner.“ Er kann hier: https://www.tagesspiegel.de/wissen/wissenschaft-im-nationalsozialismus-als-aerzte-zu-verbrechern-wurden/20624478.html gelesen werden.

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Screenshot eines Artikels aus der FAZ. DOKU über Nazi-Wissenschaftler. Der akademische Sündenfall. Wenn Forscher zur Mördern werden: Der Arte-Dokumentarfilm „Blut und Boden. Nazi-Wissenschaft“ zeigt, wie Rassenideologie der Nazis mit Scheinwissenschaft untermauert wurde. Kann hier: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/doku-ueber-nazi-wissenschaftler-der-akademische-suendenfall-16209341.html gelesen werden.

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Das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit, so der Bericht, dessen Macher_innen sich nicht einmal die Mühe gemacht haben, vielleicht auch nicht genauer hinzuschauen wollten und deshalb nicht recherchierten, wende sich gegen die immer stärker werdende Zensur, die Ausgrenzung von Personen und das Mundtotmachen.

Doch eine Zensur wird in der Regel von staatlicher Stelle vorgenommen. Der Staat bestimmt dann was gesagt, was gedruckt, was gesungen und was veröffentlicht werden darf und was nicht. Die, die die dagegen verstoßen, unterliegen schweren Repressionen bis hin zur Inhaftierung.

Personen wurden hierzulande bisher auch keine ausgegrenzt, geschweige denn Mundtotgemacht. Aktuelles Beispiel ist Paul Cullen, der nach wie vor an der Universität Münster forschen und lehren darf.

Die Uni hat sich sogar an seine Seite gestellt. Mehr dazu hier

Vielmehr ist es doch so, dass sich weiße privilegierte Professor_innen weigern Kritik anzunehmen, zuzuhören, ihre Privilegien zu checken, sondern stattdessen munter Rassismus, antimuslimischen Rassismus, Klassismus, Sexismus/Misogynie/Antifeminismus, LGBTQ-Feindlichkeit, Antisemitismus … weiterverbreiten und dafür nicht einmal zur Verantwortung gezogen werden,

wie z.B. Walter Krämer mit seinem Hitler-Zitat oder der Greta Thunberg-Karrikatur im Schaukasten der TU Dortmund, dem keine keine Konsequenzen folgten.

Stattdessen werden Diskriminierungserfahrungen als individuelle Befindlichkeiten relativiert und verharmlost ohne sie überhaupt jemals konkret zu benennen.

Nur Stegemann, der mit stets gleichem Gesichtsausdruck und großen Augen hinter seiner Brille in die Kamera schaute, sprach es einmal aus. Doch dazu braucht es den Kontext.

Stegemann, der Dramaturg, der Buchautor … beschwerte sich, nicht jeder dürfe sich zu allem äußern. Nur noch bestimmte Gruppen dürften sich zu bestimmten Themen äußern und das auch nur in einer ganz bestimmten Art und Weise.

Dadurch würde sich das Gespräch in einem sehr engen Gelände bewegen.

Mittlerweile, so Stegemann, gäbe es eine sehr feine Bewachung, wer die Bewacher_innen sein sollen, sagte er allerdings nicht. Diese feine Bewachung sorge dafür, dass die Korridore nicht mehr verlassen würden.

Was ein Bild erzeugte von großer Enge. Wer diesen Korridor verlasse, so Stegemann, müsse mit Sanktionen rechnen. Verachtung gehöre dazu, Stigmatisierung oder die Bezeichnung ein schlechter Mensch oder ein Rechter, ein Gefährlicher, ein Sexist, ein Rassist … zu sein.

Und das ist auch richtig so!

Einer der Gründe, so Stegemann, sei in der Aufsplitterung der Gesellschaft nach Geschlecht, Hautfarbe und sexueller Orientierung zu suchen. Dazu gäbe es jetzt viel zu sagen, doch das würde den Rahmen sprengen.

Die Kritik am Beispiel von Wolfgang Thierse, der übrigens auch zum rechten Netzwerk Wissenschaftsfreiheit gehört und den rechten Appell für freie Debattenräume erstunterzeichnet hat, was ebenfalls unerwähnt blieb, bzw. an seinem Text in der FAZ sei, so Stegemann, ein Beispiel für propagandistische Totalverblödung.

Aber nicht nur Bernd Stegemann konnte hier unreflektiert und ohne Einordnung palavern, sondern auch gleich 2x Ulrike Ackermann, gegen Anfang und gegen Ende der Sendung.

Mit keinem einzigen Wort wurden ihre Aktivitäten und Vernetzungen eingeordnet. Dabei hält sie regelmäßig Vorträge für Hayek-Clubs, die zur Hayek-Gesellschaft gehören, dem „Mistbeet der AfD“ oder dem „völkisch-nationalistischen Sumpf“, wie Günter und Peer Ederer die Hayek-Gesellschaft nach ihrem Austritt bezeichneten.

Vorgestellt wurde Ackermann als Gründerin des John Stuart Mill Institut, dessen 1. Vorsitzende sie ist.

Vernetzungen des John Stuart Mill Instituts mit der Hayek-Gesellschaft, der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, der Konrad-Adenauer-Stiftung … blieben ebenfalls unerwähnt.

Screenshot von sämtlichen Kooperationspartner_innen des John Stuart Mill Institut. Sie können hier: http://www.mill-institut.de/institut/kooperationspartner/ gelesen werden.

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Im Gegensatz zu den studentischen Protesten der späten 60er Jahre, die Ackermann als vielfältiger bezeichnete, sei jetzt zu beobachten, dass nicht die große Gesellschaft Thema sei, sondern dass Kollektive Sonderrechte für sich forderten und auf ihre Befindlichkeiten pochten.

Auch hier wieder viele falsche Aussagen. Dieses Mal von Ackermann.

Dabei waren die studentischen Proteste der 68er ganz und gar nicht vielfältig. Sie wurden von weißen Männern angeführt, während die Aktivist_innen mit Kindern abgehängt wurden.

Der NDR schrieb dazu 2018: „Die Sicht der Frauen auf die Ära ’68? Fehlanzeige. Im öffentlichen Diskurs spielte und spielt die weibliche Perspektive ’68 kaum eine Rolle.“ [5]

Erst mit der Gründung selbstverwalteter Kindergärten sollte sich die Situation für Aktivistinnen mit Kindern ändern und so entstand dann die 2. Deutsche Frauenbewegung bzw. die 2. Welle, die aber eine rein weiße war.

Die 68er waren also keinesfalls vielfältig. Rechte für schwarze Frauen oder für schwarze Menschen standen nicht auf der Agenda. Es war auch keine antirassistische Bewegung.

Und es sind keineswegs Kollektive, die Sonderrechte fordern, weil sie sich gekränkt fühlen oder schmollen, sondern es sind u.a. BIPoC, LGBTQ, FLINTA die es satt haben diskriminiert, ausgegrenzt, angegriffen und ermordet zu werden.

Es sind ganze Bevölkerungsgruppen, die um ihr Überleben kämpfen und die die Rechte fordern, die ihnen zustehen.

Es ist eine Frechheit, dass das Erste einen solchen Bericht gesendet hat.

Gerade im Hinblick auf die Zunahme von Rassismus, von Femiziden, Übergriffe auf trans Personen nachweislich zugenommen haben, ebenso auf Jüd_innen genauso wie die rassistischen Mißhandlungen von Cops und das im Jahre 1 nach Hanau.

Im Jahre 1 nach Hanau, in dem Rassist_innen und Nazis in einigen Städten die Gedenk- und Erinnerungsstätten der Ermordeten von Hanau 2020 zerstörten, wie z.B. in Frankfurt [6] oder Köln-Rodenkirchen. [7]

Screenshot mit folgendem Text: „Auch in Frankfurt ermittelt der Staatsschutz. Unbekannte haben zwei Gedenkplakate für die Opfer des rassistisch motivierten Anschlags in Hanau mit Hakenkreuzen beschmiert. Die Kreuze seien spiegelverkehrt vermutlich mit einem dicken Filzschreiber auf die Plakate gemalt worden, teilte die Polizei am Sonntag mit. Am Freitag war bei einer Veranstaltung in Hanau mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) der Toten gedacht worden.

[6]

Screenshot eines Artikels „Staatsschutz ermittelt Hanau-Gedenkstätte in Köln Rodenkirchen zerstört. Die Gedenkstätte für die Hanau-Opfer in Köln-Rodenkirchen vor der Zerstörung“

[7]

Es ist das Jahr 21 nach dem 1. Rechtsterroristischen Mord des NSU im September 2000 an Enver Simsek in Nürnberg. [8] Weitere Morde folgten, wie bekannt ist.

Im Jahre 21 nach Nürnberg oder im Jahre 1 nach Hanau sendete das Erste einen Bericht, der die identitäre Politik ganz gleich ob von rechts oder links, für vermeintlich beginnende Unfreiheit der Wissenschaft verantwortlich macht

und damit mit dem Hufeisen um sich wirft, während das rechte/protofaschistische Netzwerk Wissenschaftsfreiheit am 19.02.2021 klagt, dass Hans-Thomas Tillschneider von der neofaschistischen AfD dazu aufgerufen habe Prof. Dr. Maisha–Maureen Auma in ihre Schranken zu verweisen. [9]

Text von der Webseite des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit Pressemitteilung 19 Februar 2021 Stellungnahme des Netzwerks zu den freiheitsfeindlichen Angriffen auf Professorin Maisha-Maureen Auma, vom 18. Februar 2021 Das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit setzt sich dafür ein, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Deutschland frei forschen können, ohne dabei politischem Druck ausgesetzt zu werden. Frau Prof. Dr. Maisha-Maureen Auma ist derzeit Gegenstand einer Hetzkampagne, die von Herrn Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD) initiiert wurde. Herr Tillschneider überschreitet die Grenzen wissenschaftlicher Kritik, wenn er dazu aufruft, die Professorin für Diversity Studies „in ihre Schranken zu verweisen“. Wir wenden uns entschieden gegen diese Grenzüberschreitung.

Nur handelt es sich dabei nicht um eine Grenzüberschreitung, wie das Netzwerk schreibt oder um einen Angriff auf die Wissenschaft, sondern in erster Linie um einen Angriff auf eine gebildete schwarze Hochschulprofessorin, die im Bereich Diversity Studies forscht und lehrt.

Also ein rassistisch und misogyn motivierter Angriff auf eine schwarze Frau, deren Arbeitsschwerpunkte auch Rassismuskritik, Dekolonialisierung und Intersektionalität, sowie Critical Race Theory umfassen, [10] also all das was das Netzwerk ablehnt.

Ein Netzwerk dem u.a. der „rechtsradikale“ Jörg Baberowski, die islamfeindliche Susanne Schröter, die rechtslibertäre Ulrike Ackermann, Wolfgang Thierse, Elmar Nass (von der Gesellschaft zur Förderung von Wirtschaftswissenschaften und Ethik), Egon Flaig, Peter Hoeres, Reinhard Merkel, Gunther Schnabl … angehören. 

Ein Netzwerk, das im Rahmen einer Veranstaltung im Juli 2021 Kritiker, Opfer und Verteidiger der Cancel-Culture, ein rechter Kampfbegriff übrigens, miteinander ins Gespräch bringen will. [11]

Welche Auswirkungen rassistische Anfeindungen bis hin zu körperlichen Attacken auf die schwarzen Schwestern und Brüder von Maisha-Mauree Auma haben dürften, geht dem Netzwerk am Arsche vorbei, solange sie nur eine_n finden, den sie instrumentalisieren können.

Ganz so wie der ttt-Bericht endete, nämlich mit einem Zitat von Theodor W. Adorno, möchte ich diesen Thread angewidert mit selbigem enden: „Das Halbverstandene und Halberfahrene ist nicht die Vorstufe von Bildung, sondern ihr Todfeind.“

Das möge sich das rechte Netzwerk Wissenschaftsfreiheit hinter die Ohren schreiben, wenn sie das nächste Mal ihr menschenverachtendes Maul aufreißen. In diesem Sinne

Alerta Alerta Antifascista in schwarzer Farbe und dahinter ein roter Stern.