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Wenn Sie denken christliche Fundis, Katholitäre und Evangelikale sind eine Minderheit und können darum getrost ignoriert werden, dann liegen sie sowohl richtig als auch falsch. Richtig ist der Teil mit der Minderheit, falsch ist es jedoch diese Gruppierungen und Organisationen zu ignorieren.
Es liegt nämlich im Wesen von Fundis zu missionieren und darüber hinaus politisch Einfluss nehmen zu wollen.
Wie dieser Einfluss aussehen kann, soll am Verein Gemeinsam gegen Menschenhandel (GGMH) dargestellt werden. GGMH bezeichnet sich selbst als „offenes Bündnis von Organisationen und Initiativen gegen Menschenhandel“.
Doch tatsächlich ist es ein evangelikaler Verein und ein in weiten Teilen evangelikales Bündnis. Das beweisen die Vorstandsmitglieder. 3 von ihnen, nämlich Frank Heinrich, Uwe Heimowski und Gaby Wentland gehören dem Hauptvorstand der Evangelische Allianz Deutschland (EAD) an. [1]
Mit Gerhard Schönborn ist ein weiteres Mitglied vertreten, dass sich auf den christlichen Glauben bezieht. Er hat die christliche Lebenshilfe Neustart e.V. gegründet.
Mit Dietmar Roller (Beisitzer) von International Justice Mission e.V. (IJM) ist ein Vertreter einer Internationalen Organisation mit Sitz in den USA an Bord.
Dietmar Roller vertritt IJM Deutschland mit Sitz in Berlin. [3] Er gehört zusätzlich noch dem Arbeitskreis Micha Deutschland an, [4] einem globalen Netzwerk, „das Christinnen und Christen zum Engagement gegen extreme Armut und für globale Gerechtigkeit begeistern möchte.“
Ein „Zusammenschluss von evangelikalen Kirchen und Hilfsorganisationen aus der ganzen Welt, die sich der Ganzheitlichen Mission verschrieben haben.“ [6]
Die Micha-Bewegung startete 2004 gemeinsam mit der Weltweite Evangelische Allianz (WEA) die Kampagne „Micah-Challenge“, „da man sich im Sinne der Propheten Micha herausgefordert sah, gegen Ungerechtigkeit und Armut aufzustehen.“ [7]
Deutschlandweit startete die „Micha-Initiative“ als Arbeitskreis der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA), [8] die identisch ist mit der Evangelische Allianz Deutschland (EAD).
Zurück zu Gemeinsam gegen Menschenhandel (GGMH) mit 37 Mitgliedsorganisationen, darunter Mission Freedom, Samaritan’s Purse, Neustart e.V., KARO e.V., Jumpers, Die Heilsarmee, Haus Gottes e.V., ESTHER ministries, BONO-Direkthilfe. [10]
Die Mitgliedsorganisationen können hier http://web.archive.org/web/20220918094216/https://www.ggmh.de/mitgliedsorganisationen/ überprüft werden.
Samaritan’s Purse sind die, die Weihnachten im Schuhkarton initiiert haben. Sie gehören zum Netzwerk der EAD. Kategorie II: verbundene Werke und Verbände, [11] während die Heilsarmee gleichfalls zum Netzwerk der EAD gehört, allerdings Kategorie III: Nahestehende Werke, Kirchen und Verbände.
Auch hier sind also Evangelikale anzutreffen.
Zu den Kampagnen von GGMH gehört auch der „Walk for Freedom“, der „jedes Jahr in vielen Städten überall in Europa (und weltweit) anlässlich des EU-Tages gegen Menschenhandel der sog. „Walk for Freedom“ (Marsch für die Freiheit)“ stattfindet. [12]
In diesem Jahr findet er am 15. Oktober statt und Deutschlandweit sind 11 Städte betroffen, 4 in der Schweiz und 1 in Österreich: Stralsund, Berlin, Kassel, Düsseldorf, Essen, Koblenz, Heilbronn, Stuttgart, Regensburg, Augsburg, Freiburg, und Bern, Luzern, Basel, Zürich und Wien sind davon betroffen. [13]
„Wir“ haben es also mit einem evangelikalen Verein zu tun, der mit gleichgesinnten ein Netzwerk gegründet hat und der sich auch auf die Zusammenarbeit mit der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) verlassen kann.
Ausdruck dieser Verlässlichkeit ist die Fachtagung MID als Kooperationsveranstaltung von Gemeinsam gegen Menschenhandel, Konrad-Adenauer-Stiftung und dem OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte.
Sie fand in diesem Jahr online statt.
Als Referentin hat an dieser Fachtagung auch Gudrun Kugler teilgenommen. Sie gehört zu den Unterstützer*innen des antifeministischen LGBTIQ-feindlichen Network Agenda Europe und sie ist zuletzt dadurch aufgefallen, weil sie für einen Kinoabend mit dem Film des „theokratischen Faschisten“ (Selbstbezeichnung) Matt Walsh Werbung machte.
Annika Brockschmidt schrieb über Walsh:
„Walsh vertritt Neonazi-Verschwörungsmythen
Matt Walsh behauptet zudem, dass die White Nationalist-Verschwörungserzählung vom “Great Replacement” “einfach Fakt” sei, will Abtreibung kriminalisieren – was zur Folge hätte, dass auch Fehlgeburten strafrechtlich verfolgt werden könnten. (…)“
Interessanterweise nahm an der Fachtagung MID 2019 als Moderatorin beim Expertengespräch Inge Bell von Terre des Femmes (TdF) Deutschland teil. [16] An der „Diskussionsrunde Vertiefung des Think Tanks“ nahmen zusätzlich noch Vertreterinnen von Sisters e.V. teil. [17]
Im selben Jahr wurden die genannten Künstlerinnen mit dem Innovationspreis der Stuttgarter Bürgerstiftung geehrt. [18]
Zusätzlich gab es noch in diesem Jahr den Kongress „Gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung – auch Christen sind gefragt“. Dieser fand im christlichen Gästehaus Schönblick statt und der Betreiber ist ebenfalls ein Evangelikaler der EAD.
Interessanterweise nahm am Montag, 30.05.2022, nach dem biblischen Impuls die Bundestagsabgeordnete der SPD Leni Breymaier an der Podiumsdiskussion teil. Diese trug den Titel: „Die politische Dimension des Menschenhandels“, an der u.a. auch Frank Heinrich und Annette Widmann-Mauz diskutierten. [19]
Leni Breymaier gehört übrigens zum Vorstand von Sisters e.V. [20] und sie möchte Sexarbeit/Prostitution generell verbieten. Sie präferiert das sog. „Nordische Modell“, das vorsieht Freier zu bestrafen, aber nicht die Sexarbeiter*innen. [21]
Damit ihr das gelingt, macht sie gemeinsame Sache mit Evangelikalen also Fundis. Gleichzeitig twitterte sie am 15.09.2022 das:
In Ungarn werden abtreibungswillige Frauen noch mehr gegängelt. Sie müssen nun eine Bescheinigung, wonach ihnen die Herztöne des Embryos oder Fötus zu Gehör gebracht wurden, beibringen. Frauen, wir kämpfen hier weltweit #Ungarn #Herztöne #mybodymychoice
— Leni Breymaier (@LeniBreymaier) September 15, 2022
und versah dies mit dem Hashtag #mybodymychoice.
Was Fragen aufwirft. Wie z.B. wie es vereinbar ist mit Fundis bzw. Evangelikalen zusammenzuarbeiten, denselben Evangelikalen, die zur Anti-Choice-Bewegung gehören?
Wie z.B. wie es vereinbar ist mit dem Vorhaben Sexarbeit zu verbieten. Und es geht nicht um Zwangsprostitution und Menschenhandel, sondern um freiwillige und selbstbestimmte Sexarbeit.
My Body My Choice bedeutet schließlich auch sich freiwillig und selbstbestimmt für Sexarbeit entscheiden und diesen als Beruf ausüben zu können.
Interessant sind auch die nachfolgenden Tweets, die ihrem tatsächlichen Verhalten, nämlich mit Fundis bzw. Evangelikalen zusammenzuarbeiten, entgegenstehen.
Denn wer gemeinsame Sache mit Fundis, also auch mit Evangelikalen macht, verliert nicht nur die eigene Glaubwürdigkeit, sondern wird auch zur Türöffnerin von Evangelikalen und christlichen Fundis.
Das zeigt sich in den sozialen Medien, z.B. bei Twitter. Denn wie selbstverständlich machen selbsternannte Feministinnen, in diesem Fall SistersBe, die sich zum Feminismus bekennen,
gemeinsame Sache mit TERFs und Evangelikalen. So retweete SistersBe einen tweet von Gemeinsam gegen Menschenhandel,
die ihrerseits wiederum Veranstaltungshinweise von SistersBe weiter verbreiten. Quid pro quo, also dies für das.
Diese virtuelle oder mediale Zusammenarbeit mit Gemeinsam Gegen Menschenhandel (GGMH) geht so weit, dass GGMH gemeinsam mit vermeintlichen „Feministinnen“ getaggt und dadurch weißgewaschen werden.
SistersBe twitterte am 15.12.202 „Zusammenarbeit mit NetzwerkElla, TdFeV Machen wir diesen Freitag auf die immense Gewalt an Frauen in der Prostitution aufmerksam. SEID DABEI.“ Und wie zu sehen ist, ist ggmh_de, neben der FeministischeP und EMMA aufgeführt.
Gemeinsam gegen Menschenhandel retweete den Tweet.
Gemeinsam gegen Menschenhandel folgen nicht nur SWERFs, sondern auch TERFs. So z.B. TdF (Terres des Femmes), EMMA, …, Sisters e.V., SistersBe, Inge Bell und Leni Breymaier.
Hier noch einige Beispiele wie sie sich gegenseitig die Bälle zuspielen.
Beispiel 1
Beispiel 2
Beispiel 3
Noch mehr Beispiele:
Es sind Vereine wie z.B. SistersBe und Einzelpersonen, die sich zu Türöffner*innen machen und das ausgerechnet für christliche Fundis/Evangelikale, die mit Feminismus aber ganz und gar nichts am Hut haben.
Was Evangelikale/Fundis wollen, das können alle, die sehen wollen in Polen beobachten, in Ungarn und in den USA nach der Abschaffung von Roe v. Wade.
Mehr dazu hier: https://nitter.net/i/status/1571163660021547011
@GBBranstetter schrieb dazu am 17.09.2022: „Es ist eine nationalistische Agenda – man zwingt die Menschen, die Art von Babys zu gebären, die man will, behandelt die Menschen, die man nicht fortpflanzen will, wie Müll und macht es schwierigier, ein queeres Leben zu führen. All dies und noch viel mehr – ist Teil derselben Plattform“ (in deutscher Übersetzung).
Zum Abschluss eine persönliche Äußerung.
Wenn das „Feminismus“ ist, dann will ich damit nichts zu tun haben. Ich werde nicht die Türe öffnen für christliche Fundis und Evangelikale.
#FundisZurHölleJagen #NoSwerfs #SexarbeitIstArbeit #Queerfeminismus #EvangelikaleSindGefährlich
Nachträgliche Ergänzung
Im Dezember 2021 erschien das Buch „Das Nordische Modell“ (Edition Wortschatz) Herausgegeben von Frank Heinrich und Uwe Heimowski für Gemeinsam Gegen Menschenhandel mit Beiträgen von Leni Breymaier (SPD), Peter Heidt (FDP) Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) sowie Shandra Woworuntu. [Quelle]