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Zur Einstimmung auf die Leipziger Buchmesse im März und die Dokumentation, die im Entstehen ist, soll im Rahmen dieses Threads dahin geschaut werden, wo sonst keine*r hinsieht und zwar zu Verlagen, die nicht genuin rechts sind, die aber doch Bücher im Programm haben, die mehr als fragwürdig sind. Zum Beispiel Publikationen von rechten Autor*innen oder auch die von Klimawandel- oder Coronaleugner*innen.
Beispiel 1 ist die MSB Matthes & Seitz Berlin Verlagsgesellschaft mbh.
Hier erschien am 23.09.2021 das Taschenbuch „Keine Macht der Moral! Politik jenseits von Gut und Böse“ geschrieben von Norbert Bolz.
„Buchbeschreibung: Ist Politik moralisch? Keinesfalls, meint Norbert Bolz. Sie ist vielleicht ideologisch, Kampfplatz widerstreitender Interessen – aber gut und schlecht sind hier keine Tatsachen, sondern bestenfalls Verhandlungssache. In seinem neuen Essay fordert der streitbare Philosoph und Medienwissenschaftler daher die Emanzipation der Politik von der Moral und stellt sich damit in die Tradition der Staatsräson von Machiavelli bis Max Weber. Bolz kritisiert die Rhetorik von Protestbewegungen und NGOs, deren Waffe die Emotionalisierung und Moralisierung politischer Fragestellungen ist und deren Verachtung der Realpolitik gilt. Die Politisierung aller Lebensbereiche und die damit einhergehende Moralisierung aller Politik führt zur Entdifferenzierung unserer gesellschaftlichen Verhältnisse. Mit Blick auf die (Theorie-)Geschichte unserer westlichen Demokratien von Aristoteles über Machiavelli und Hobbes bis Rousseau und Schmitt zeichnet Bolz die Entwicklung des Verhältnisses von Politik und Moral nach. Der Autor knüpft damit an seinen Essay »Die Avantgarde der Angst« an und gibt seinen dortigen Überlegungen einen theoretischen Überbau.“ [1]
Nun ist der Universitätsprofessor em. kein Unbekannter. Er ist schon vor vielen Jahren weit nach rechts abgedriftet.
Er hielt Vorträge für die Bibliothek des Konservatismus, für die Hayek-Gesellschaft, schreibt für CATO und er ist ein erklärter Gegner gegenderter Sprache. Das verdeutlichen die Aufrufe/Appelle, die er unterstützt und unterzeichnet hat.
2017 schrieb er im Tagesspiegel „Politische Korrektheit führt zur geistigen Knechtschaft“. [2] 2020 unterzeichnete er konsequenterweise dann den rechten Appell für Freie Debattenräume.
Auch bei Twitter kann jede*r lesen und sehen wie der Medienwissenschaftler gestrickt ist. Hier twitterte er am 30.12.2021 „Nie war ein Spaziergang so riskant wie heute“ [3] und verharmloste dabei die gewalttätigen Demonstrationen von CoroNazis, also die von Querdenker*innen, die gemeinsame Sache mit Neonazis, mit Reichsbürger*innen, mit der AfD, der NPD und z.B. dem III. Weg machen.
2 Tage zuvor hatte Bolz den Holocaust relativiert als er schrieb: „Der neue linke Kampfbegriff „antimuslimisch“ zielt auf die Assoziation mit „antisemitisch“ und macht damit die Moslems zu den neuen verfolgten Juden“. [4]
2 seiner Bücher sind bisher bei Matthes & Seitz Berlin erschienen. Ein Verlag, der auch Ulrike Ackermanns Publikation veröffentlicht hat.
Ackermann verabscheut den Sozialstaat, hält Vorträge für die Hayek-Gesellschaft mit der sie eng verbunden ist und gehört dem rechten und rassistischen Netzwerk Wissenschaftsfreiheit [.de] an.
Beispiel 2 ist die Klett Cotta J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger GmbH.
Hier ist auch die Publikation von Volker Weiß „Autoritäre Revolte – Die Neue Rechte und der Untergang des Abendlandes“ erschienen“. Ein Buch, das mir beim Schreiben dieses Threads direkt ins Gesicht starrt.
Klett Cotta hat allerdings auch ein reichhaltiges Angebot an Publikationen und Bücher von und über den Wegbereiter des Nationalsozialismus Ernst Jünger. Mittlerweile ist dieses Angebot auf 180 Treffer für „Ernst Jünger“ angestiegen.
Darunter 126 Bücher/Fachbücher, 49 E-Books und 4 Zeitschriften.
Was wohl daran liegt, dass der Verlag zu den Partner*innen der Ernst und Friedrich Georg-Jünger-Gesellschaft e.V. gehört. Hier führt Ernst Jünger durch das Vereinsprogramm.
Hier beim Klett-Cotta Verlag veröffentlichte auch Svenja Flaßpöhler ihr Pamphlet „Über moderne Empfindlichkeit und die Grenzen des Zumutbaren“ oder Ulrike Ackermann gleich zwei ihrer Bücher. [8]
Beispiel 3 ist der neofaschistische Historiker David Engels.
2014 veröffentlichte der Europa Verlag, der gewissermaßen both sides bedient, sein Buch: „Auf dem Weg ins Imperium – Die Krise der Europäischen Union und der Untergang der römischen Republik. Historische Parallelen.“ [9]
Sein neuestes Buch schrieb Engels, der Präsident von TOSS (The Oswald Spengler Society, wissenschaftlicher Beirat des Renovatio-Instituts und Mitglied des rechten und rassistischen Netzwerks Wissenschaftsfreiheit [.de]) über „Oswald Spengler – Werk, Deutung, Rezeption“.
Erschienen ist das Buch im Kohlhammer Verlag und zum stolzen Preis von 68,00 Euro erhältlich.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die „Produktbeschreibung“. Denn hier wird aus Oswald Spengler, der zur „nationalistischen und antidemokratischen „Konservativen Revolution“ gezählt wird, [11] ein großer Kulturmorphologe.
„Produktbeschreibung: Oswald Spengler gilt als einer der Begründer der komparatistischen Geschichtsbetrachtung, und doch wird er in der modernen Forschung oft verkürzt auf das Schlagwort vom „Untergang des Abendlandes“ reduziert und ausschließlich im Licht der politischen Entwicklungen der Weimarer Republik gedeutet. David Engels versucht seit Jahren, Spengler umfassender zu beleuchten, sei es als Historiker und Inspirationsquelle der abendländischen Kulturgeschichte oder sei es als Prognostiker, dessen Analysen und Befürchtungen uns auch heute noch viel zu sagen haben. Der vorliegende Band bietet eine überarbeitete Auswahl aus Engels‘ bisherigen Arbeiten zu Spengler, welche ein vielfältiges und geschlossenes Bild von Werk, Deutung und Rezeption des großen Kulturmorphologen liefern.“
Beispiel 4 ist der riva Verlag, der zur Münchner Verlagsgruppe GmbH gehört.
Hier erschien am 27.4.2021 das Buch von Christoph Lütge und Michael Esfeld.
Christoph Lütge und Michael Esfeld beteiligten sich übrigens auch bei AllesAufDenTisch.
Zur Münchner Verlagsgruppe gehört u.a. der FinanzBuch Verlag. Hier erschien im Februar 2021 Max Ottes Spiegel Bestseller „Die Krise hält sich nicht an Regeln – 99 Antworten auf die wichtigsten Fragen nach dem Corona-Crash“.
Über Max Otte, den Hutbürger, den Querdenker, den Kopf der WerteUnion muss nichts weiter gesagt werden, allerdings, dass dies schon seine vierte Veröffentlichung im FinanzBuch Verlag (FBV) ist.
Beispiel 5 ist der Langen-Müller Verlag.
Zu den Autor*innen des Verlags gehören auch Markus Krall von Degussa-Goldhandel, der extrem rechte Ehrenpräsident des Deutschen Lehrerverbandes Josef Kraus oder z.B. Thilo Sarrazin.
Am 15. Juli 2021 erschien im Langen-Müller Verlag die Publikation von Sebastian Lüning und Fritz Vahrenholt „Unanfechtbar? Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz im Faktencheck.“
Beide Autoren sind bekannte Klimawandelleugner und Lüning arbeitet gerne mit Rechten und extremen Rechten zusammen. Er ist mittlerweile Teil des rechten und rassistischen Netzwerks Wissenschaftsfreiheit [.de], während Fritz Vahrenholt gemeinsam mit Philipp Lengsfeld re:look climate gGmbH – Institut für Analyse und Bewertung von Klima- und Umweltwissenschaft mit Sitz in Berlin gegründet hat.
Allerdings ist es nicht das erste Buch von Lüning und Vahrenholt, das im LMV (Langen-Müller Verlag) erschienen ist.
Als letztes Beispiel dient der Quadriga Verlag.
Hier erschien am 29.10.21 Peter Hahnes Spiegel Bestseller „Nicht auf unsere Kosten!: Aufstand gegen Lug und Trug der Eliten“. Dabei handelt es sich um 2 Bände in einem, neu aufgelegt.
Der Quadriga Verlag gehört zur Bastei Lübbe AG, einem Zusammenschluss von 15 Verlagen/Editionen [14] und einem Jahresumsatz von rund 93 Millionen Euro. [15]
Quadriga veröffentlichte übrigens auch „Nicht mein Antirassismus – Warum wir einander zuhören sollten, statt uns gegenseitig den Mund zu verbieten. Eine Ermutigung“, ebenfalls im Oktober 2021.
Gleichzeitig erschienen hier aber auch „Fake Facts“ von Katharina Nocun und Pia Lamberty und „Gefährlicher Glaube“ von K. Nocun.
Auch hier bedient der Verlag both sides. Es erscheinen also Publikationen, die aufklären und Publikationen, die das Gegenteil davon sind oder in denen gehetzt wird, wie das Beispiel von Peter Hahne deutlich macht.
Sein neuestes Buch „Das Maß ist voll: In Krisenzeiten hilft keine Volksverdummung“ soll im Februar 2022 erscheinen.
In diesem Buch wird er sich wieder austoben, gegen „eine Sprachpolizei“ wettern, gegen die Corona-Politik und da wird auch nichts anderes zu lesen sein, nur eben mehr, als im Artikel, den er im November 2021 für Tichys Einblick geschrieben hat.
In diesem schimpfte er gegen die Corona-Politik, gegen Lockdowns und gegen eine Impfpflicht, berief sich auf den Impfgegner Steffen Rabe und hetzte dann gegen „junge Araber, die 2015 das Land fluteten“, um dann am Ende des Artikels zu diesem Schluss zu gelangen:
„Bei uns werden von bevölkerungs- und kulturpolitischen Idioten (das griechisch-lateinische Wort für Laien) arabische „Flüchtlinge“ mit Heimatvertriebenen oder „Gastarbeitern“ aus christlichen Nationen wie Italien oder Spanien gleich gesetzt. Und nun setzt man erprobte, ausgetestete und sichere Impfstoffe gleich mit einem „Zeug“, das im Hauruck-Verfahren hergestellt wurde und nun zwangsinjiziert werden soll. Ja, da packt mich nur noch heiliger Zorn und blanke Wut! Der Verstand hat ausgesetzt.
Aber geradezu über Nacht (aus meiner US-Sicht) kommt doch Bewegung in die Sache. Trotz Triage-Apokalypse und Harmagedon-Horror nehmen NRW-Kliniken weitere Patienten aus den Niederlanden auf. Und Söder kündigt (nahezu unverhohlen) seinen Rücktritt an. Der bayerische Regierungschef erklärte, es gebe aus seiner Sicht noch keine gesetzliche, wohl aber eine moralische Impfpflicht. Um dann die Katze aus dem Sack zu lassen: „Wir brauchen mehr Idealisten im Land statt Ich-linge.“ Mal sehen, welcher ideale Nachfolger sich da findet.
Herr, schick Hirn – vor allem nach München!“
Entnommen aus „Eine Wutrede wider die Zwangsimpfung“.
Wenn „wir“ also über die Buchmesse reden, dann dürfen „wir“ nicht vergessen, dass unter dem Dach von genuin nicht rechten, extrem rechten und neofaschistischen Verlagen/Organisationen, jede Menge Schmutz zusammenkommt.
Wer also über die rechten, extrem rechten und neofaschistischen Verlage sprechen will, darf die anderen nicht verschweigen.